Netzecke
– Das Internetmagazin der Lindauer Auto-Fabriken –

Zu den neuesten Neuigkeiten geht's hier, und die von Ende 2011 gibt's hier.

Mumia wird nicht gegrillt

Die Staatsanwaltschaft von Pennsylvania hat bekanntgegeben, dass sie nicht mehr versuchen wird, die Todesstrafe gegen den wegen angeblichen Polizistenmordes inhaftierten schwarzen Journalisten Mumia Abu Jamal durchzusetzen. Wegen unzulässiger Beeinflussung der Geschworenen war das Todesurteil gegen ihn vor einigen Jahren aufgehoben worden. Die Staatsanwaltschaft hatte mehrfach versucht, diese Entscheidung zu kippen. Sie hätte jetzt noch die Möglichkeit gehabt, ein neues Verfahren zur Findung des Strafmaßes zu beantragen; damit hätte sie Mumia aber die Möglichkeit geben müssen, die ganzen Beweise für seine Unschuld vor Gericht zu präsentieren, die in den Jahrzehnten seiner Haft so zusammengekommen sind. Das wollte sie sich offenbar ersparen. Formal hätte Mumia dadurch zwar den Schuldspruch nicht angreifen können, der politische Druck für seine Freilassung wäre jedoch enorm gestiegen. Im Knast bleibt er "natürlich" trotzdem lebenslänglich.

Bezugsgruppe internationale Solidarität

Gipfel der Repression

Die drei spanischen G20-Gipfel-GegnerInnen, die am 1.11. auf dem Weg nach Nizza mit der Bergsteigerausrüstung im Auto unterwegs waren, sind in einem Prozess, in dem es eigentlich nur um Gesinnung und gar nicht um Fakten ging, wegen "Transports von Waffen der 6. Kategorie mit versuchter Vorbereitung von Gewalt gegen Personen" zu vier Monaten verknackt worden und haben ein dreijähriges Betretungsverbot für die Region Alpes-Maritimes bekommen.
Zwei Aktivisten, die beim G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 für sechs Tage in Verhinderungsgewahrsam gelandet waren, weil sie nach Ansicht der Bullen und sämtlicher deutscher Gerichtsinstanzen mit Transparenten wie "Freedom for all prisoners" andere zu Straftaten (Gefangenenbefreiung) anstacheln wollten, haben jetzt vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bestätigt bekommen, dass das rechtswidrig war. Sie bekommen ihre Unkosten (je gut 4000€) und pro Nase 3000€ Schmerzensgeld gezahlt. In dem Urteil werden übrigens Feststellungen getroffen, die die Verhängung von Verhinderungsgewahrsam zukünftig stark einschränken könnten.
Drei der "main conspiracy six", die wegen der Organisation von Störungen des G20-Gipfels von Toronto 2010 angeklagt waren, sind am 28.11. zu mehrmonatigen Haftstrafen verurteilt worden; die anderen drei werden im Dezember und Januar abgeurteilt, es werden Haftstrafen von 10-16 Monaten erwartet. Um noch höhere Haftstrafen zu vermeiden, hatten sich schließlich Alle im Sinne der Anklage schuldig bekannt, obwohl die Anklage eigentlich ein ziemlicher Blödsinn war; die sechs sollen als VerschwörerInnen das ganze Chaos rund um den Gipfel befehligt haben, bei dem in der größten Massenverhaftung der kanadischen Geschichte über 900 Leute eingefahren waren. Wahrscheinlich haben sie sogar die Bullen bei ihren Gewaltexzessen kommandiert.

Prozessgruppe

Keine Wahl

Im Wald von Chimki steht der Autobahn jetzt nur noch ein uralter Eichenhain und das Wintercamp der WaldschützerInnen im Weg. Mitte November wurde in den Medien verbreitet, die russische Akademie der Wissenschaften hätte die Abholzung für ökologisch tragbar erklärt (was nicht stimmt, sie hat den Fall nur untersucht, aber gar keine Entscheidung getroffen). Der französische Vinci-Konzern schickte dann eine Greenwash-Firma namens Pur Projet vor, die sich besorgt über die Sicherheit der AktivistInnen zeigte und ihnen Geld dafür bot, zu verschwinden. Anschließend kamen die Bullen (die sich zuvor zwei Monate nicht in den Camps blicken lassen hatten), drohten mit der Räumung des Camps und erklärten u. a. einem jüdischen Aktivisten, er hätte in Russland gar nichts zu suchen und solle sich nach Israel verpissen.
Zuckerbrot und Peitsche halfen beide nichts, am nächsten Tag kamen mehrere Dutzend AktivistInnen in den Wald, sicherten das Camp mit Barrikaden und warteten auf die Cops, sichteten aber nur ein paar Staatsschutz-Zivis, die auf Abstand blieben. Stattdessen kam nochmal der Fritze von Pur Projet, es kam aber wieder nicht zu einer ökonomischen Einigung. Die Staatsmacht wollte kurz vor der Wahl offensichtlich keine gewaltsame Räumung riskieren, nachdem der Fall Chimki ja schon im In- und Ausland bekannt geworden ist.
Am 26.11. war mal wieder Wahlkampf und Putin war sich nicht zu blöde, auf einem Parteikongress gegen Offshore-Firmen zu wettern. Die Chimki-AktivistInnen nutzten diese Steilvorlage, um ihm wieder mal ihre bereits früher veröffentlichten Erkenntnisse über das Konsortium, das die Autobahn bauen und als private Mautstrecke betreiben will, um die Ohren zu hauen – neben Vinci ist da wesentlich das Offshore-Imperium von Putins Jugendfreund Arkady Rotenberg beteiligt, dem um x Ecken herum fünf solcher Gesellschaften gehören.
Schlechte Zeiten für den "geistigen Führer der russischen Nation" Wladimir Putin. Bereits im Vorfeld der Wahl am 4.12. zeichnete sich ab, dass er mehr Gegenwind abkriegt als auch schon. In den unmöglichsten Provinzdörfern gab es Kundgebungen gegen seine Partei "Einiges Russland", mit teilweise mehreren Hundert TeilnehmerInnen. Eine breite Öffentlichkeit konnte sehen, dass das Bild Kratzer hat, als Putin sich gut eine Woche vor der Wahl bei einem Kampfsportturnier wie gewohnt mit dem Sieger präsentierte, ein paar patriotische Worte über diesen echten harten russischen Mann abließ – und gnadenlos ausgebuht wurde. In den Wiederholungen wurde das natürlich herausgeschnitten, aber die Liveübertragung hatten schon viel zu viele Menschen gesehen.
In Petersburg demonstrierten am 3.12. einige AnarchistInnen 15 Sekunden lang gegen die Wahl, ehe elf von ihnen verhaftet wurden. Sie sollten am 5. einem Gericht vorgeführt werden, das aber nur erklärte, dass die Sache vertagt wird, und sie am Montagnachmittag freiließ.
Am Wahltag gab es eine kleine anarchokommunistische Solikundgebung an der russischen Botschaft in Kopenhagen, die der Botschafter gern weggehabt hätte, was aber an der Entschlossenheit der TeilnehmerInnen scheiterte. In Moskau demonstrierten mittags 50 Leute am Roten Platz gegen Wahlmanipulationen (4 Festnahmen). In Murmansk am Nordpolarmeer traten zwei Personen in Erscheinung, von denen eine ein Joker-Kostüm und ein Schild "Das ist irgendeine Clownerie" trug; böswillige Polizeikräfte vermuteten böswillige Propaganda im Zusammenhang mit der Wahl und zogen den Joker aus dem Verkehr, die Staatsanwaltschaft sah das allerdings anders, ließ den Joker frei und empfahl ihm sogar, Anzeige wegen illegaler Festnahme zu erstatten.
Abends demonstrierten in Moskau 40 AnarchistInnen zehn Minuten lang gegen den Parlamentarismus, bis die OMON (Sonderpolizei) kam; in der Metro wurden anschließend fünf Leute verhaftet, die der Teilnahme verdächtigt wurden. Die meisten gingen anschließend auf die Kundgebung eines liberalen Bündnisses namens Solidarnost, die sich nicht gegen die Wahl, sondern nur gegen ihre Fälschung richtete. Dazu kamen 7000 Leute. Die Polizei kam auch, nahm 30 Leute fest und verjagte den Rest, der sich allerdings an der nächsten Ecke zur nächsten Kundgebung traf. Bei einem längeren Katz-und-Maus-Spiel wurden in dieser Nacht insgesamt 300 Mäuse gefangen.
Auch in den nächsten Tagen kam Moskau nicht zur Ruhe. Am Montag wurden mindestens vier AnarchistInnen bei Aktionen festgenommen. Um das Volk vor Provokationen zu schützen, musste die OMON am Dienstag das Stadtzentrum übernehmen, unterstützt von Militäreinheiten des Innenministeriums. 51.000 Bullen, Sicherheitsleute und Freiwillige, die seit der Wahl im Einsatz sind, reichten da offensichtlich nicht mehr. Am Abend kamen statt der erwarteten 500 Leute 8000 auf eine Solidarnost-Kundgebung; anschließend versuchten über 1000 von ihnen, eine Spontandemo zur Wahlbehörde durchzuziehen, und überrannten eine Bullenkette, was mit 100 Verhaftungen endete. Der Weg wurde auch von einer massiven Gegenkundgebung mehrerer Hundert "Naschi" blockiert (gelegentlich auch als "Putin-Jugend" bezeichnet), die die Verhaftungen der Oppositionellen bejubelten. Offiziell wurde in der Nacht von 400 Festgenommenen in Moskau und St. Petersburg gesprochen, am Morgen wurde die Zahl allerdings allein für Moskau auf 569 korrigiert; sie werden nicht freigelassen, sondern sollen alle vor Gericht gebracht werden, wo ihnen bis zu 15 Tage Ordnungshaft aufgebrummt werden können. Für den 10.12. ist trotzdem wieder eine Kundgebung vor dem Kreml angemeldet worden, außerdem sind für diesen Tag an die 100 Aktionen in allen möglichen russischen Städten von St. Petersburg bis Wladiwostok angekündigt.
Russische AnarchistInnen beteiligen sich großenteils an den Protesten gegen Wahlfälschungen, trotz ihrer generellen Kritik an Wahlen und trotz der Beteiligung von Gruppen aus dem rechten Spektrum. Erwähnt wurden Nazbols, die AnhängerInnen der verbotenen Nationalbolschewistischen Partei, die oft einfach Faschos sind; gewöhnlich kritisieren AnarchistInnen z. B. Bürgerrechtsgruppen, wenn die mit denen kooperieren. Aber bei einer Revolution muss man natürlich dabeisein, wenn man irgendeine Aussicht haben will, die Richtung mitzubestimmen; ist schon klar, dass die das Feld nicht den Faschos überlassen wollen. Und die Perspektive, Putin endlich loszuwerden, ist einfach zu verlockend. Trotz massiver Fälschungen hat es seine Partei nicht mal mehr auf 50% gebracht, ihr realer Stimmenanteil wird runter bis auf 20% geschätzt, und das noch bei niedriger Wahlbeteiligung, so dass er landesweit vielleicht noch 10% der Bevölkerung hinter sich hat. Mal schauen, wie lang er durchhält.

Der Wolf

Umwelt-Meldungen

Weil die fossilen Brennstoffe knapp werden, werden immer aufwändigere Methoden benutzt, um noch das letzte bisschen aus dem Boden zu kitzeln. Der letzte Schrei ist das "Fracking", bei dem Löcher in Gestein mit gebundenem Erdgas gebohrt werden. Das Gas wird dann mit Sprengungen und flüssigen Chemikalien aus dem Gestein gelöst und kann herausgepumpt werden. In betroffenen Gebieten kommt es häufig zu kleineren Erdbeben, und die Chemikalien sind giftig.
In Warschau blockierten AktivistInnen am 29.11. eine Konferenz zu diesem Thema in einem Hotel, machten davor eine Kundgebung, besetzten den Konferenzraum, hängten Transpis auf und waren laut, wozu sie teils Trommeln benutzten. Daraufhin wurde die Konferenz abgesagt. Die Polizei verteilte Strafzettel an die TrommlerInnen und räumte nach zwei Stunden den Konferenzraum, wobei elf Leute verhaftet wurden. Nach Solikundgebungen vor dem Polizeirevier wurden alle freigelassen, es gibt aber eine Anzeige wegen Widerstands und mehrere wegen Landfriedensbruch.
In Murmansk am Nordpolarmeer demonstrierten am 25.11. 5000 Leute gegen den staatlichen russischen Atomkonzern Rosatom.
Das Meer vor Somalia wurde offenbar nicht nur von industriellen Raubfischern ausgeplündert, sondern auch als Gift- und Atommülldeponie missbraucht, zumindest in der Zeit zwischen dem Zusammenbruch des somalischen Staates (und somit auch seiner Küstenwache) und der Übernahme einer gewissen Abschreckungsfunktion durch die Piraten. Nachdem die Raubfischer von der Bundeswehr dort nicht behelligt werden, ist zu befürchten, dass sich die Mission "Atalanta" auch nicht gegen Giftmüllfrachter richtet.
Jagdsabotage mal wieder: bei Rottenburg wurden am 27.11. mindestens neun Hochsitze zerstört, und in Moskau klaute die ALF kurzerhand ein Auto, das von Behörden für die Fahrt zur Jagd verwendet wurde.

Eure Hippiesau

Im Südwesten nichts Neues

Die letzte Volksabstimmung in Baden-Württemberg ist ausgegangen wie die vorletzte: Der Widerstand hat verloren. Und zwar aus genau denselben Gründen wie vor über 50 Jahren.
Damals war es um die Länderfusion von Baden und Württemberg gegangen. In Württemberg war eine Mehrheit dafür, in Baden dagegen; theoretisch wäre aber eine Mehrheit in beiden Ländern nötig gewesen. Das Problem wurde "gelöst", indem nicht nach Ländern, sondern nach Besatzungszonen abgestimmt wurde, also Nordwürttemberg/Nordbaden und Südwürttemberg/Südbaden, so dass die jeweiligen badischen Teilbezirke einfach von den bevölkerungsreicheren württembergischen überstimmt wurden. Dieser kaltschnäuzige Abstimmungsbetrug wurde letztlich von den Gerichten gekippt, aber bis das durch alle Instanzen durch war und der Volksentscheid wirklich wiederholt wurde, vergingen über zehn Jahre, in denen fleißig Fakten geschaffen wurden, sodass der Ausstieg aus Baden-Württemberg auch in Baden keine Mehrheit mehr bekam.
So ähnlich war es auch dieses Mal. Schon 2007 haben 67.000 StuttgarterInnen ein Bürgerbegehren gegen "S21", die Tieferlegung des Hauptbahnhofs, unterschrieben (nötig wären 20.000 gewesen). Eine Abstimmung darüber wurde jedoch mit zweifelhaften Methoden nicht zugelassen, stattdessen wurden trotz wachsender Proteste Verträge unterschrieben und Bauarbeiten begonnen. Vier Jahre später wurde nun abgestimmt, und jetzt wurde argumentiert, ein Ausstieg sei viel zu teuer. Geschichte wiederholt sich...
Begleitet wurde der Abstimmungskampf von einer massiven Propagandakampagne beispielsweise in der SchwäZ, in der den Leuten erzählt wurde, dass beispielsweise die Südbahn-Elektrifizierung um Jahre verzögert würde, wenn S21 nicht käme (was intern schon im Vorfeld dementiert wurde). Im Abstimmungsergebnis deutlich niedergeschlagen hat sich auch die Ankündigung, S21 sei nötig für die verbesserte Anbindung von Ulm durch den Neubau der Strecke über die Alb – in der Ulmer Region ging die Zustimmung bis an die 80%. Dabei kann die Bahn das Geld auch nur einmal ausgeben, und was in Stuttgart vergraben wird, fehlt für andere Projekte. Deswegen bekam der Ausstieg aus S21 eine Mehrheit vor allem in den Randregionen, wo die Leute schon länger auf Investitionen in ihre Bahnlinien warten; interessanterweise liegen die vor allem in Baden.
Der Widerstand gegen S21 fängt jetzt wieder bei Null an, bzw. inzwischen ist er schon wieder bei Eins, weil der Bahnchef direkt nach der Abstimmung erklärt hat, dass der angeblich gedeckelte Anteil des Landes an den Kosten eben doch steigen soll, wenn das Projekt (wie zu erwarten) teurer wird als vor der Abstimmung behauptet, und weil herausgekommen ist (bzw. eigentlich war's klar, aber jetzt ist es offiziell bestätigt), dass viele der alten Bäume im Schlosspark nicht wie im "Schlichterspruch" vorgesehen umgepflanzt werden können, sondern ca. 80 abgesägt werden sollen, was sich die ParkschützerInnen sicher nicht gefallen lassen. Konsequenterweise war die Montagsdemo am 5.12. mit vielleicht 2000 Leuten gar nicht schlecht besucht (macht jetzt aber trotzdem erst mal Weihnachtspause, weiter geht's erst am 9.1.). Der Bahnhof ist noch nicht drunten.

Der Maulwurf

Zum Thema Vermummung

Da der Ermittlungsausschuss (EA) in letzter Zeit immer mal wieder von Leuten erfährt, dass gegen sie Verfahren wegen Vermummung laufen, möchte er ein paar Informationen hierzu loswerden.
Das Vermummen (d.h. die Verhüllung des Gesichts mit Hassis, Tüchern, etc). auf Demos ist nach § 17a Versammlungsgesetz eine Straftat, die mit Geldstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren geahndet wird. In der Praxis gibt’s meistens aber einen Strafbefehl (d.h. eine Geldstrafe) im unteren Bereich, also 20-30 Tagessätze. Wir möchten deshalb mit den folgenden Informationen keine Panikmache vor möglichen juristischen Konsequenzen durch Bullen und Repressionsorgane betreiben. Schließlich stellt eine Anzeige wegen Vermummung meistens die kostengünstigere Alternative dar, wenn man sich (insbesondere auf Demos) entschließt, den engen gesetzlichen Rahmen zu verlassen. Darüber hinaus würden wir uns aber auch freuen, wenn in Zukunft wieder offensiver politisch über Vermummung auf Demos diskutiert würde.
Wann der juristische Tatbestand der Vermummung erfüllt ist, Ihr also bestraft werden könnt, ist von Bundesland zu Bundesland und von Gericht zu Gericht unterschiedlich. Das liegt daran, dass der § 17 a Versammlungsgesetz fordert, dass die Vermummung "den Umständen nach darauf gerichtet ist", die Identifizierung durch Bullen oder ZeugInnen zu verhindern. Deshalb ist eine Verkleidung, die erkennbar der Meinungsäußerung oder künstlerischen Zwecken dient (z.B. die Clownsarmee), keine Vermummung. Ebenso liegt keine Vermummung vor, wenn Ihr bei sonnigem Wetter Sonnenbrillen, bei kälterem Wetter Schal und Kapuze tragt. Während sich die Gerichte hierin noch einig sind, gab es in der Vergangenheit sehr unterschiedliche Praktiken und Urteile, wenn sich GenossInnen durch Verhüllen des Gesichts vor dem Abfilmen oder Fotografieren durch Faschos schützen wollten. So haben mehrere Gerichte (z. B. das Landgericht Hannover) entschieden, dass hierin keine strafbare Vermummung besteht. In Berlin wurde durch das Kammergericht (das im übrigen auch sonst keine Probleme damit hat, antifaschistische Arbeit zu behindern) jedoch die gegenteilige Ansicht vertreten.
Das bloße "Beisichführen" von Gegenständen, die zur Vermummung "geeignet" sind (hierbei sind die Bullen des öfteren sehr kreativ), stellt KEINE Straftat dar und ist lediglich eine Ordnungswidrigkeit, § 29 Versammlungsgesetz, wenn die Gegenstände gleichzeitig "den Umständen nach dazu bestimmt" sind (ansonsten fällt das eh flach, s. o., Schals sind im Winter legal usw.). Das Gesetz droht hierfür eine Geldbuße von bis zu 500€ an. Nach unserer Erfahrung fällt die Buße jedoch in der Regel deutlich geringer aus (so um die 150€). Je nach Einkommen kann das allerdings variieren. Gegen den Bußgeldbescheid kann wie gegen einen Strafbefehl Einspruch eingelegt werden. Das kann recht formlos passieren, wichtig ist, dass Ihr die Frist einhaltet. Diese beträgt wie beim Strafbefehl 2 Wochen. Oftmals lässt sich hier auch recht gut argumentieren. Denn woher will der/die RichterIn wissen, ob Ihr die Hassi nicht zum Motorrad- oder Fahrradfahren braucht, wenn hier mal wieder schlechtes Wetter ist. Trotzdem solltet Ihr, BEVOR Ihr irgendetwas schreibt, mit GenossInnen (Leute aus Eurer Bezugsgruppe, EA, AnwältInnen) sprechen, die sich in der Materie auskennen, um die Sache zu besprechen und Euch oder andere nicht unnötig zu belasten.
Aus aktuellem Anlass möchten wir noch auf eine beliebte Praxis der Bullen aufmerksam machen. So werden Leute bei der Erkennungsdienstlichen Behandlung dahingehend vollgequatscht, das Vermummungsmaterial so anzulegen, wie es während der vorgeworfenen Tat angeblich getragen wurde. Zwar dürfen die Bullen bei der Erkennungsdienstlichen Behandlung Euer Äußeres verändern, um später die Aufnahmen der ED-Behandlung mit angefertigten Videos etc. zu vergleichen. Nach der Strafprozessordnung muss der/die Beschuldigte das auch über sich ergehen lassen, wenn er/sie nicht körperlich misshandelt werden will ("unmittelbarer Zwang"). Die Pflicht, am Anlegen des mutmaßlichen Vermummungsgegenstandes aktiv mitzumachen besteht jedoch NICHT!
Deshalb: Wenn Euch ein Bulle nach einer Festnahme versucht zu belabern ("So Herr/Frau XY, jetzt legen Sie mal die Maske so an, wie Sie die eben an dem und dem Ort, als Sie die Flasche auf den Kollegen geworfen haben auch auf hatten") macht Ihr überhaupt nichts! Wer mit den Bullen (und anderen Repressionsorganen) kommuniziert, riskiert IMMER sich selbst oder andere GenossInnen zu belasten. So werden in Situationen wie den hier beschriebenen neben der eigentlichen ED-Behandlung auch gerne Videoaufnahmen gemacht, um Bewegungsabläufe (wird das Vermummungsmaterial mit der linken oder der rechten Hand angelegt usw.) zu analysieren und diese mit anderen Videoaufnahmen (andere Kameraperspektive vom vermeintlichen Vorfall; die Demo soundso, die vielleicht schon Monate zurück liegt und bei der die Post abging, etc.) abzugleichen.
Auch wenn Ihr Euch absolut sicher seid, dass Ihr das, was die Bullen Euch vorwerfen, nicht gemacht habt, solltet Ihr die Klappe halten. Denn selbst ein einfaches "Ich hab das und das nicht gemacht" kann den Bullen einen Verdacht bestätigen, den sie möglicherweise gegen eine andere Person hegen.

EA Berlin, 030-69 22 222

Krieg abschaffen!

So, nun haben sie ihn gepackt: der griechische Anarchist Gerasimos Koronaios steht zwei Jahre nach der Erklärung seiner totalen Kriegsdienstverweigerung am 13.12. vor dem Militärgericht in Jannena. Internationale Solidarität immer willkommen.
Gegen die Bonner Afghanistan-Konferenz haben am 3.12. 4500 Leute demonstriert. Das ist auch schon Alles, was von dort zu berichten ist, bei der Konferenz selber ist nämlich nix rausgekommen. Ein Ei, das den Grünen-Abgeordneten Hans-Christian Ströbele traf, sorgte für Diskussionen, denn Ströbele ist zwar Grüner, aber hat sich immer konsequent gegen Bundeswehr-Kriegseinsätze gewehrt. Weniger umstritten war die Einfärbung eines Gebäudes des Hochtief-Baukonzerns, der sich in Afghanistan quasi eine Monopolstellung bei staatlichen Bauaufträgen gesichert hat. Hatte er übrigens schon 1979.
Die völkerrechtswidrig auf dem Luftwaffenstützpunkt in Büchel/Eifel gelagerten schätzungsweise 20 Atombomben werden endlich abgezogen. Allerdings ist das angeblich kein Erfolg der jahrzehntelangen Proteste, sondern die sollen bloß in den USA modernisiert werden und dann zurückkommen.

Netzwerk vaterlandsloser Gesellen

Platz besetzt!

Der Hamburger Wagenplatz Zomia wird jetzt offenbar doch auf das ungeeignete Gelände am Holstenkamp verlegt. Zomia selber sagt vorläufig nix dazu. Die Berliner Wagengruppe Rummelplatz hat am 29.11. ein neues Gelände in Rummelsburg besetzt, Verhandlungen laufen, eine Anzeige gegen sie gibt's aber anscheinend auch schon.
Am 2.12. erinnerten 300 Leute in Frankfurt/M. mit einer Demo an den 2. Jahrestag der Räumung des Casinos und kritisierten Repression, Leerstand, Wohnsituation und den kapitalistischen Immobilienmarkt. In der Fürther Fußgängerzone wurde zu ähnlichen Themen am 6.12. ein Camp aus mehreren Zelten und Infopavillons aufgebaut, leider nur vorübergehend.
K. M. Kretschmer, der Investor der besetzten Roten Flora in Hamburg, hat eine von ihm geleitete GmbH in die Pleite gewirtschaftet. Ob er selber pleitegeht und was in dem Fall mit der Flora passiert, ist unklar. Vor der Flora gab es am Nachmittag des 3.12. ein Protestcamp gegen Krieg und Repression mit großer kurdischer Beteiligung, das aber schon nach wenigen Stunden von der Polizei mit Gewaltandrohung geräumt wurde. Stattdessen gab es eine Spontandemo.
In Duisburg-Laar besetzten 35 Leute am 3.12. eine ehemalige Hauptschule. Nachdem es bei den Verhandlungen zunächst so ausgesehen hatte, als ob wenigstens eine geplante Party stattfinden könnte, wurde das Gelände am Abend plötzlich gekesselt. Zur Vermeidung von Personenkontrollen räumten die BesetzerInnen schließlich "freiwillig".

AK Bauen & Besetzen

Gegen Abschiebungen!

Gegen die Massenabschiebung von TadschikInnen aus Russland gab es am 24.11. in Moskau eine Protestaktion vor der Bundesmigrationsbehörde. Am gleichen Tag wurden in der Nähe von Alexandroupolis (Nordostgriechenland) die Leichen von zwei jungen Flüchtlingen gefunden, die beim Versuch, über den Fluss Evros in die EU zu kommen, umgekommen waren; der eine ertrank in den reißenden Fluten und der andere ist offenbar anschließend erfroren. Eine Woche später starb ein 16-jähriger aus Syrien, als das Auto seines Schleusers in eine von der Polizei aufgestellte Barriere krachte. Zwei weitere Flüchtlinge wurden verletzt.
Deutschland hat übrigens am 28.11. den Abschiebestopp nach Griechenland um ein Jahr bis Anfang 2013 verlängert, weil das Land immer noch kein funktionierendes Asylsystem hat. Umgekehrt hat der irakische Einwanderungsminister erklärt, dass am Flughafen Bagdad keine zwangsweise abgeschobenen Personen mehr einreisen dürfen und dass das nur ein erster Schritt ist, um solche Abschiebungen insgesamt abzuschaffen. Seit 2005 sind 5-6000 Flüchtlinge (v. a. KurdInnen) aus Europa in den Irak abgeschoben worden. Der irakischen Regierung war immer vorgeworfen worden, sie unterzeichne Rückübernahmeabkommen als Gegenleistung für die Streichung von Auslandsschulden.
Die Rechtlosigkeit von MigrantInnen war letzte Woche ein Thema in Bologna. Eine Frau aus dem Senegal war dort am 26.8. von ihrem Ex-Freund verprügelt, vergewaltigt und mit einem Messer verletzt worden. Gemäß dem Bossi-Fini-Gesetz wurde sie, weil sie keine Papiere hat, von der herbeigerufenen Polizei sofort in ein Internierungslager gesteckt, um sie abschieben zu können; gegen den Täter wurde nichts unternommen, denn Anzeige konnte die Frau erst im Oktober erstatten. Zum internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25.11. wurde eine Kampagne für ihre Freilassung gestartet, und das Echo war tatsächlich so überwältigend, dass sie am 30. eine Aufenthaltserlaubnis bekam und freigelassen wurde.
Seine Exzellenz der nigerianische Botschafter brauchen mal wieder Kohle, drum ist er mal wieder auf einer vom Innenministerium gesponserten Deutschlandtour. In verschiedenen Städten veranstaltet er Botschaftsanhörungen. Da werden ihm Flüchtlinge mit angeblich ungeklärter Identität vorgeführt, die vielleicht NigerianerInnen sein könnten; also deutsch gesagt, solche mit schwarzer Hautfarbe. Seine Exzellenz bekommen pro vorgeführter Nase 250 Euro, und falls seine Exzellenz denken, das könnte tatsächlich ein Mensch aus Nigeria sein, gibt er dem Flüchtling einen Ersatzausweis und kassiert nochmal 250 Euro. Mit dem Ersatzausweis kann man einmal nach Nigeria einreisen, die Betroffenen werden dann "zur Feststellung der Identität" dorthin abgeschoben.
Am 22.11. war so eine Veranstaltung in Köln geplant. FlüchtlingsaktivistInnen und UnterstützerInnen insbesondere aus dem AZ Köln waren allerdings auch vor Ort und klärten die potentielle Kundschaft auf, die zu dem Termin geladen war. Die Polizei versuchte sie zu vergraulen, hatte aber keinen Erfolg. So machten von 22 vorgeladenen Flüchtlingen letztlich keine zehn die Prozedur mit.
In Neuss fand am 3.12. wieder die alljährliche Demo gegen den Frauenabschiebeknast statt – wohl zum letzten Mal, der Laden ist seit dem 15.11. dicht und die verbliebenen Häftlinge wurden in die JVA Büren verlegt. Der Kampf "gegen das menschenverachtende Regime europäischer Migrationskontrolle sowie den rassistischen und sexistischen Normalzustand" geht natürlich trotzdem weiter. Statt zum Knast ging die Demo diesmal zum Weihnachtsmarkt.
In Göttingen hat es einen Brandanschlag auf ein Gerichtsgebäude gegeben; einige Scheiben im Eingangsbereich wurden beschädigt. An einer Wand wurde eine Parole gegen Abschiebungen gefunden. Die Prozessgruppe empfiehlt, Scheiben lieber von Hand einzuschmeißen statt per Brandsatz, der Effekt ist gleich, nur das Repressionsrisiko ist erheblich geringer.
Alabama überdenkt seine radikalen Einwanderungsgesetze, die erst im September in Kraft getreten sind. Grund ist ein deutscher Mercedes-Manager, der wegen einer Unregelmäßigkeit an seinem Mietwagen in eine Verkehrskontrolle geriet. Laut Gesetz muss der "Einwanderungsstatus" von AusländerInnen auch bei Routine-Verkehrskontrollen geprüft werden, der Mann hatte nur einen Perso dabei und landete im Knast. Die PolitikerInnen, die dieses Gesetz kürzlich erlassen hatten, waren sichtlich schockiert, dass sowas auch einen Weißen treffen kann; sie hatten eigentlich eher an schwarze oder südamerikanische AusländerInnen gedacht. Und nun ist es auch noch schlecht fürs Geschäft. Jetzt fordern sogar die Republikaner, dass das Gesetz "überarbeitet" wird.
Eine andere tendenziell eher konservative Gruppe, die in anderen Ländern gegen allzu rigide Ausländergesetze sind, hat in Alabama aber kein Problem damit: die LandwirtInnen. Denen sind zwar wegen des Gesetzes die preisgünstigen illegalen ErntehelferInnen scharenweise davongelaufen, aber sie haben schon eine Lösung vorgeschlagen: Der Staat könnte ihnen doch einfach Häftlinge als Billigsklaven schicken.
Rechtlich ist übrigens noch umstritten, ob ein Bundesstaat so ein Gesetz überhaupt erlassen kann, da Einwanderung eigentlich eine Bundesangelegenheit ist.

AK Flucht & Migration

Meldungen

Von Occupy-AktivistInnen wurde das Wirtschaftsforum im Hamburger Michel gestört; eine Erklärung konnte verlesen werden, bevor sie vom Sicherheitspersonal rausgeprügelt wurden. Passiert dem gemeinen Demonstranten ja nicht so oft, dass Leute 1600€ pro Nase zahlen, um sich seine Meinung anzuhören. Das Spiel wiederholte sich anschließend noch im Elysee-Hotel.
Lustige Spiele mit Finanzmärkten. Jetzt ist auch Deutschland zur Zielscheibe der Spekulation geworden. Am 23.11. legte der deutsche Staat eine zehnjährige Staatsanleihe auf, von den angebotenen Schuldscheinen wurden aber nicht mal 35% verkauft. Kurz darauf zweifelte die Ratingagentur Standard+Poors Deutschlands Kreditwürdigkeit an. Jetzt macht Schäuble einen Rückzieher beim Schuldenschnitt für Griechenland: Vielleicht zahlt ja doch alles der Staat, und die Banken kriegen ihr Geld komplett. Gespart werden soll bei allen anderen, bloß nicht bei den Reichen. Es wird also wieder das Spiel aus der Finanzkrise von 2008 weitergespielt: Der Staat gibt den Banken Geld, das er nicht hat, muss sich dafür was leihen und Zinsen zahlen. Bloß dass damals die Banken pleite waren und jetzt die Staaten.
Auf immer mehr Weihnachtsmärkten wird das Betteln verboten. In Wien ist wenigstens ein Versuch privater Betreiber gescheitert, dort auch den Verkauf von Straßenzeitungen zu verbieten; allerdings kontrollieren die Aufseher gnadenlos, schließlich gibt's auch Pseudo-StraßenzeitungsverkäuferInnen ohne Ausweis, für die es leider wenig Solidarität gibt.
Das "internationale Solidaritätszentrum" in Bil'in, das vor sieben Jahren von den israelischen "Anarchists against the Wall" und palästinensischen AktivistInnen errichtet worden war, ist am 29.11. von der Armee ohne Vorwarnung abgerissen worden. Es handelt sich wohl um eine Racheaktion für den erfolgreichen gemeinsamen Kampf gegen die Sperrmauer, der dazu geführt hatte, das u. a. das Land, auf dem das Zentrum stand, für die PalästinenserInnen frei zugänglich bleiben muss.
Nachdem die BewohnerInnen des transsilvanischen Dorfes Limba vor vier Jahren feststellten, dass ihr Kirchturm am Einstürzen war und sich niemand dafür zuständig fühlte, organisierten sie die Renovierung in Eigenregie. Weil sie merkten, dass das viel besser funktioniert, als auf irgendwelche Behörden zu warten, war das der Startschuss für eine Vielzahl von selbstorganisierten Projekten. Inzwischen ist dort eine rege Selbstverwaltungs-Szene entstanden. Nur eine selbstverwaltete Kneipe gibt's nicht – die wollten sie nicht, weil sie sich lieber gegenseitig besuchen.
In Griechenland hat's auch am dritten Jahrestag der Ermordung von Alex nochmal ordentlich gekracht, in Hamburg gab es eine solidarische Mahnwache am griechischen Konsulat. Vor der Bullenwache in der Münchner Ettstraße sind am Morgen des 7.12. drei Streifenwagen ausgebrannt, eine Brandstiftung ist nicht ganz auszuschließen, aber erwischt wurde niemand und das Bekennerschreiben haben sie zumindest bis Redaktionsschluss noch nicht vorbeigebracht.

Rechtsschutz

Während die Affäre um die NSU-Faschos mittlerweile die NPD erfasst hat (wen wundert's, ist ja beides Verfassungsschutzgebiet), ist auf einen Wittenberger Asia-Imbiss ein Nagelbombenanschlag verübt worden. Die haben wohl noch nicht Alle. Die Geschosse durchschlugen einen Rollladen und die Scheibe. Nur durch einen glücklichen Zufall war zum Tatzeitpunkt niemand im Laden. Die Polizei spricht von einem "pyrotechnischen Erzeugnis" und weiß noch nicht, wer's war; die Antifa verweist auf mehrere Naziübergriffe der letzten Zeit, bei denen die Täter zwar erwischt, aber immer laufengelassen wurden.
Die Demo gegen das PKK-Verbot am 26.11. in Berlin ist zwar verboten worden, die Leute sind aber einfach auf die eine Stunde später angesetzte Antifa-Demo gegen Nazi-Terror gegangen, die dadurch ziemlich fett wurde; könnten bis zu 6000 Leute gewesen sein. Die Polizei nahm 100 davon mit und reagierte auch ansonsten ziemlich aggressiv, am Rande kam es zu Übergriffen durch Graue Wölfe (türkische Faschos). Zeitgleich demonstrierten auch in Stuttgart 100 Leute gegen das PKK-Verbot, dort hielt sich die Polizei zurück.
Demos gegen die "Zwickauer Zelle", die sich teilweise sehr deutlich auch gegen den Verfassungsschutz richten, gab es in letzter Zeit eine Menge. In Kiel kamen am 24.11. 150 Leute auf eine Gedenkkundgebung, zwei Tage später nochmal 75. In München demonstrierten am 26.11. 300 Leute vom Denkmal für die Opfer des Oktoberfest-Attentats zum Laden des 2005 vom NSU ermordeten Griechen und anderen Tatorten.
Sven Kahlin, der Mörder des Dortmunder Punks Schmuddel, ist nach dem gefühlten 20. Übergriff seit seiner Entlassung auf Bewährung (mangels Gefährlichkeit und wegen Gesinnungswandels) endlich wieder eingefahren; er hatte am 26.11. mit einer Horde anderer Faschos zwei Türken krankenhausreif geprügelt, weil der Eine geguckt hatte, und war auf frischer Tat erwischt worden.
Am 28.11. landete auch der Aachener Kameradschaftskader Denis Unruh in U-Haft, der an einem Überfall von 20 Faschos auf einen Skater im Sommer und einem Angriff auf eine Antifa-Demo beteiligt gewesen sein soll; außerdem hatte er einen Polizisten mit einer Flasche niedergeschlagen. Auffallend ist, dass sein Kameradschaftsführer Rene Lauber trotz Beteiligung an zahlreichen Gewalttaten immer mit Bewährung davonkommt oder sogar freigesprochen wird – es wird vermutet, dass er ein V-Mann ist. Und seit dem 6.12. läuft in Leipzig der Prozess gegen fünf Faschos wegen der Ermordung des Obdachlosen André K. in Oschatz (Nordsachsen).
In Fürth wurde am Abend des 27.11. das Auto eines Antifaschisten angezündet, was einen Totalschaden gab. Nachdem ein Jahr lang Ruhe war, setzt sich damit eine bisher unaufgeklärte Serie fort, bei der in Fürth und Umgebung insgesamt über 20.000€ Schäden entstanden. Am nächsten Abend demonstrierten 75 Leute spontan und warfen den Behörden Untätigkeit vor (bei einem Kreis von fünf Verdächtigen sollte der Fall ja eigentlich aufzuklären sein, aber angeblich wurden nicht einmal die Spuren gesichert).
Dabei sind die Behörden gar nicht untätig, gerade erst hat ein junger Antifaschist in Fürth für einige Carlo Giuliani-Graffiti zwei Wochen Arrest bekommen (für die Jungen: Carlo ist der Demonstrant, der beim G8-Gipfel am 20.7.2001 in Genua von einem Polizisten erschossen wurde). Verhaftet worden war er übrigens, indem ein Streifenwagen sein Fahrrad rammte und an eine Hauswand quetschte; der Antifaschist wurde leicht verletzt, das Fahrrad erlitt einen Totalschaden, der Streifenwagen ist aber auch gut verbeult. Der Fahrer wurde nicht zum Prozess vorgeladen; angeblich war er bloß von der Bremse abgerutscht. Für seinen Führerschein hat dieser Einsatz eines Fahrzeugs als Waffe fatale Folgen, da sind wir uns ganz sicher, schließlich leben wir ja in einem Rechtsstaat, da wird sowas nicht toleriert. Die Staatsanwaltschaft hatte für den Sprayer übrigens bloß Sozialstunden beantragt, der Richter verknackte ihn zu Arrest und zur Übernahme der Verfahrenskosten, mit der Begründung, dass er einen Anwalt hatte.
In England verlegt sich der erlebnisorientiertere Teil der nationalistischen "English Defence League" (EDL) wegen deren offensichtlicher Erfolglosigkeit auf Gewalt gegen alles Linke. Ein beliebtes Ziel der Übergriffe sind Occupy-Camps, weil die auf sowas bisher kaum vorbereitet und deswegen leichte Opfer sind.
Die zweite Lesung des umstrittenen St. Petersburger Schwulengesetzes musste wegen extrem lauter Störungen verschoben werden. Vom Tisch ist der homophobe Käse aber trotzdem noch nicht.
Ein Reggaekonzert mit Elephant Man in Wuppertal zog wegen dessen schwulen- und lesbenfeindlichen Texten starke Kritik, eine Gegenkundgebung mit 50 Leuten und eine Ladung fauler Eier vor dem Bloom-Club auf sich. Zwei FaschistInnen und die Polizei machten ein bisschen Stress. Elephant Man distanziert sich zwar in Europa aus geschäftlichen Gründen von seinen Texten, die bis zu Mordaufrufen gehen, verbreitet sie aber in Jamaica munter weiter, und das Publikum an dem Abend stellte sich teilweise sehr eindeutig dahinter.
Ein Naziüberfall vom 1.5.2008 in der Sächsischen Schweiz, bei dem mehrere Jugendliche ins Krankenhaus geprügelt wurden, ist immer noch nicht vor Gericht gekommen, obwohl die Faschos teils namentlich bekannt sind. Das Amtsgericht Pirna lehnte die Verfahrenseröffnung ab, wurde vom Landgericht dazu verdonnert und meint jetzt aber, vor Mitte 2012 wird das nix. Einer der Täter ist übrigens V-Mann und Hammerskin Mirko Hesse.
Gegen den geplanten Auftritt von Wehrsportgruppengründer Hoffmann im Leipziger Nazizentrum demonstrierten am 26.11. 700 Antifas, außerdem gab es eine Kundgebung mit 100 Leuten und dem Oberbürgermeister. Der Vortrag wurde übrigens kurzfristig abgesagt, vermutlich, weil die NPD schon genug Ärger hat. Seinen Scheiß erzählen durfte dagegen der olle Sarrazin am 29. in der Ahlener Stadthalle, gut 300 Leute demonstrierten dagegen und verscheuchten ein paar Nazis.
Gegen rechte Umtriebe gab es am 28.11. in Weißenburg eine Mahnwache mit anschließender Spontandemo; es beteiligten sich ca. 250 Leute. Während der Demo griffen 25 Faschos das Juz Weißenburg an, ein Jugendlicher wurde verletzt; die Polizei konnte nix machen, die war ja mit der Demo beschäftigt. Am 3.12. demonstrierten dann in Berlin-Neukölln 100 Leute gegen die wiederholten Brandanschläge auf das Falkenhaus und in Potsdam-Waldstadt 250 gegen Naziaktivitäten.
Einen fremdenfeindlichen Übergriff gab es in der Nacht auf den 30.11. in einem türkischen Imbiss in Hohenems. Drei Österreicher kamen in den Laden und fingen an, ausländische Gäste mit Parolen zu beschimpfen. Als der Besitzer sie schließlich rausschickte, griffen sie ihn tätlich an. Bei der folgenden Schlägerei verletzten sie weitere Gäste u. a. mit einem Barhocker.
Das "Herbstgespräch" des Verfassungsschutzes am 30.11. in Wiesbaden wurde nach öffentlicher Kritik und der Ankündigung einer antifaschistischen Gegendemo abgesagt. Demo war trotzdem.
In Dresden geht die Auswertung der Handydaten vom Februar trotz des öffentlichen Skandals hinter den Kulissen munter weiter – seit dessen Aufdeckung im Juni wurden weitere 14.000 Datensätze von den Netzbetreiberfirmen abgefragt.
Und die Antifa warnt vor den Weihnachtsangeboten des Süßwarenvertriebs Osella, der gehört nämlich einem NPDler.

AK Antifa

Entsorgt!

Der Castortransport hat den Rekord locker geschafft, er wurde um 33 auf 127 Stunden für die Strecke La Hague-Gorleben verbessert. Die elf Atommüllbehälter blieben bereits kurz nach der Abfahrt bei Valognes an blockierten bzw. geschotterten Streckenabschnitten hängen, und dann hatte der Zug auch noch wegen eines ausgebrannten Trafohäuschens plötzlich keinen Strom mehr. Gleichzeitig wurde in Quickborn eine Bombe entdeckt, sie enthielt allerdings lediglich eine Schachtel mit der Aufschrift "Peng".
Das nächste Hindernis war die "Südblockade" im Rheinland. Eine große Blockade wie letztes Jahr (damals 2000 Leute) wollten die Cops diesmal vermeiden; dadurch, dass der Castor eine ganze Weile vor der Grenze "geparkt" wurde und die Strecke nicht klar war, verhinderten sie zwar eine große Blockade, weil sich der Widerstand aufteilte und verzettelte, bekamen dafür aber größeren Stress mit rund 100 Leuten, die in Kleingruppen zwischen Speyer und Haßloch auf den Gleisen unterwegs waren und auch erst mal aus dem Gefahrenbereich bugsiert werden mussten, bevor der Transport weiter durfte.
Im Wendland hatten zu diesem Zeitpunkt Demonstrationen und Blockaden ebenfalls schon begonnen, am 26. waren 23.000 Menschen auf der Großdemo in Dannenberg, es gab die ersten Schwerverletzten bei rabiaten Räumungsversuchen und als Polizisten auf bereits gefesselte Gefangene einschlugen. Das steigerte sich dann während der heißen Phase, besonders bei Einsätzen gegen Schottergruppen, die versuchten, das Castorgleis zu untergraben. Da ritten dann schon mal Reiterstaffeln direkt in die Menge, mindestens eine Person wurde durch Huftritte verletzt, und Cops warfen auch wieder mal mit Steinen. Insgesamt wurden von den Demosanis 355 Verletzte (5 davon schwer) gezählt, mit der üblichen Dunkelziffer in solchen Situationen; außerdem behandelten sie ca. 10 PolizistInnen wegen Gaskontakt und Erschöpfungszuständen.
Wieder sehr effektiv waren Ankettaktionen, insbesondere eine Betonpyramide im Gleisbett bei Vastorf, die die Polizei über 15 Stunden lang nicht knacken konnte, ehe die vier angeketteten LandwirtInnen freiwillig die Verankerungen lösten. Cecile "Eichhörnchen" Lecomte war diesmal nicht dabei, die saß mehrere Tage in Preungesheim in Unterbindungshaft, vollkommen isoliert, und wurde erst am Dienstagmorgen (29.11.) entlassen, nachdem der Castortransport Montag abend um zehn das Zwischenlager erreicht hatte. Gegen die Polizeigewalt gab es am Dienstag abend einen demonstrativen Empfang von 13 Leuten für die zurückkehrenden Einheiten vor der Rosenheimer Bundespolizeikaserne.
Solidarische Grüße aus dem Wendland gehen u. a. an das Eichhörnchen und an die ArbeiterInnen und Feuerwehrleute, die in Fukushima seit acht Monaten versuchen, die Kernschmelzen und den restlichen Schlamassel unter Kontrolle zu kriegen.
... und weil nach dem Castor vor dem Castor ist, geht's gleich weiter: "Ab Anfang 2012" will das Forschungszentrum Jülich bei Aachen seinen Atommüll loswerden, dazu müssen 152 Castoren nach Ahaus. Eine erste Gegendemo ist am 18.12. am Zwischenlager in Ahaus.

Atom-Combo

Anstalten machen

Ales Bialitski, Vorsitzender der weißrussischen Menschenrechtsorganisation Wjasna, ist am 24.11. wegen Steuerhinterziehung zu 4 1/2 Jahren Haft verurteilt worden. Besonders peinlich: Das Material für die Anklage stammt von polnischen und litauischen Finanzbehörden, die den weißrussischen KollegInnen auf Anfrage bereitwillig Auskunft über die Spendenströme aus dem Westen erteilt hatten, ohne die politischen Dimensionen des Falls zu checken.
Und die zwei armen Schweine, die das weißrussische Schweinesystem per Foltergeständnis zu Schuldigen für die Bombenanschläge auf die Minsker Metro bestimmt hat, sind am 30.11. zum Tod verurteilt worden. TodeskandidatInnen in Weißrussland erfahren ihren Hinrichtungstermin erst, wenn sie abgeholt werden. Dann werden sie erschossen. Ihre Angehörigen werden erst Wochen oder Monate später benachrichtigt und erfahren auch nicht, was mit den Leichen passiert.
In australischen Knästen sitzen zahlreiche Minderjährige, teilweise erst 13 Jahre alt, vor allem wegen illegaler Einwanderung. Nach Protesten und dank juristischer Unterstützung wurden viele von ihnen freigelassen, teils mit brutalen Erfahrungen (sie waren in ganz normalen Erwachsenenknästen untergebracht). Das Geld, das sie im Knast mit Zwangsarbeit "verdient" haben, wird aber trotzdem einbehalten, für eine eventuelle Abschiebung. Und mindestens 32 wurden einfach administrativ für volljährig erklärt, die bleiben gleich drin.
In Frankreich gibt's Ärger wegen eines unfreundlichen Besuchs bei der Justizverwaltung in Toulouse am 5.7., bei dem 10 Leute gegen die Inhaftierung von Minderjährigen protestiert hatten; angeblich hatten sie dabei auch Flüssigkeiten über Computer gekippt und sonstige Schäden angerichtet. Am 15.11. wurden deswegen sieben Wohnungen durchsucht und elf Leute festgenommen, von denen vier in U-Haft landeten.
In der Türkei ist der anarchistische Gefangene Osman Evcan ist immer noch im Hungerstreik, um durchzusetzen, dass er sich im Knast vegan ernähren darf. Er sitzt wegen Unterstützung einer autoritär strukturierten revolutionären Gruppe, hatte sich jedoch im Knast von ihr distanziert und stattdessen die anarchistische Idee für sich entdeckt.
Einen Aufstand gab es am 16.11. im Knast Andenne in Belgien: mehr als die Hälfte der 400 Gefangenen weigerten sich am Abend, in ihre Zellen zurückzugehen. Schnell kam es zum Krawall, den eine Sondereinheit erst um zwei Uhr früh unter Kontrolle bekam; an Gebäude und Einrichtung entstand großer Sachschaden.

Der Mauerspecht

Meldungen

Der Castortransport hat den Rekord geschafft, er wurde um 33 auf 127 Stunden für die Strecke La Hague-Gorleben verbessert.
Sven Kahlin, der Mörder des Dortmunder Punks Schmuddel, ist nach dem gefühlten 20. Übergriff seit seiner Entlassung auf Bewährung (mangels Gefährlichkeit und wegen Gesinnungswandels) endlich wieder eingefahren; er hatte mit einer Horde anderer Faschos zwei Türken krankenhausreif geprügelt.
Das Meer vor Somalia wird offenbar nicht nur von industriellen Raubfischern ausgeplündert, sondern auch als Gift- und Atommülldeponie missbraucht.
Ein junger Antifaschist in Fürth hat für Carlo Giuliani-Graffiti zwei Wochen Arrest bekommen, die drei G20-Gipfel-GegnerInnen mit der Bergsteigerausrüstung im Auto sind in einem Prozess, in dem es eigentlich nur um Gesinnung und gar nicht um Fakten ging, zu vier Monaten verknackt worden und die zwei armen Schweine, die das weißrussische Schweinesystem per Foltergeständnis zu Schuldigen für die Bombenanschläge auf die Minsker Metro bestimmt hat, zur Todesstrafe.
Während die Affäre um die NSU-Faschos mittlerweile die NPD erfasst hat (wen wundert's, ist ja beides Verfassungsschutzgebiet), ist auf einen Wittenberger Asia-Imbiss ein Nagelbombenanschlag verübt worden. Die haben wohl noch nicht Alle.
Die Demo gegen das PKK-Verbot letzten Samstag ist zwar verboten worden, die Leute sind aber einfach auf die eine Stunde später angesetzte Antifa-Demo gegen Nazi-Terror gegangen, die dadurch ziemlich fett wurde.

VS-Verbot jetzt!

Die in der letzten Zecke geäußerte Befürchtung, dass die schwerbewaffnete Thüringer Nazibande gefährlich sein könnte, hat sich leider bestätigt. Als "Nationalsozialistischer Untergrund" hat sie eine ganze Mordserie und mehrere Bombenanschläge begangen. Jetzt sind Konsequenzen fällig. Die klandestine Organisation "Verfassungsschutz" fördert den Rechtsextremismus nicht nur finanziell und organisatorisch, sie hat auch über Jahre eine Nazi-Terrorzelle geführt, mit falschen Papieren versorgt und vor der Verhaftung geschützt, damit sie weiter ungestraft Ausländer ermorden kann. Konkret hat z. B. der damalige Thüringer VS-Chef Helmut Roewer, der seine Gesinnung mittlerweile beim rechtsextremen Grazer Ares-Verlag schriftlich vertreibt, wohl zu verantworten, dass die Kriminalpolizei gestoppt wurde, die die Nazis schon 1998 (!) wegen eines Bombenanschlags verhaften wollte. Und ein hessischer VSler war sogar bei mehreren Morden anwesend. Darum VS-Verbot jetzt! Die NPD geht dann ganz von selber kaputt, wenn sie auf einen Schlag die Hälfte ihrer Leute und jede Menge Subventionen verliert.
Inzwischen wurden einige Hinterleute verhaftet, und das wiederum weist darauf hin, dass da noch viel mehr dranhängt. Gleich der erste Verhaftete wohnte in Lauenau (Kreis Schaumburg) bei Hannover, wo es eine große und sehr aktive Szene der "autonomen Nationalisten" gibt.
Über den Tod der beiden mutmaßlichen Serienmörder gibt's unterschiedliche Varianten. Eine besagt, sie seien nach einem Banküberfall umstellt gewesen und hätten sich deshalb umgebracht, eine andere, die Spurenlage deute gar nicht unbedingt auf einen Selbstmord hin. Dass sie überhaupt so lange ihr Unwesen treiben konnten, liegt nicht zuletzt am unterschwelligen Rassismus der Ermittlungsbehörden selbst – die Sokos "Bosporus" und "Istanbul" ermittelten hauptsächlich in Richtung Milieukriminalität, illegale Glücksspielszene und "innertürkische Konflikte" und konnten sich ein rassistisches Motiv irgendwie nicht so richtig vorstellen. So wurden dann teilweise auch die Angehörigen der Opfer in der Presse als Kriminelle hingestellt.
In Altona gab es am 19.11. eine Gedenkdemo (800 Leute) für die Opfer und gegen die Beihilfe des VS. Gegen den Verfassungsschutz demonstrierten am 19.11. auch in Erfurt 65 Leute; sie erinnerten daran, dass schon 1989 die Auflösung aller Geheimdienste, nicht nur der DDR-Stasi, gefordert worden war. Wird mal Zeit, weiterzumachen.
Der Umgang der NPD mit der Sache ist widersprüchlich. Der Nürnberger stellvertretende Kreisvorsitzende Rainer Biller flog wegen rassistischer Kommentare über die Opfer der Mordserie, die er bei Facebook veröffentlicht hatte, aus der Partei (allerdings erst nach einer Anzeige; vorher bekam er von seinen FreundInnen etliche "Gefällt mir"). In Leipzig dagegen darf diesen Freitag Karl-Heinz Hoffmann, Gründer der gleichnamigen Wehrsportgruppe, im "nationalen Zentrum" auftreten.
Die sächsische Antifa weist auch darauf hin, dass Hoffmanns Rittergut vom Land mit insgesamt 130.000€ gefördert wurde und dass sächsische Neonazis ganz legal über 150 Schusswaffen besitzen – Dunkelziffer könnt Ihr Euch denken. Und immer noch werden dort 44 Leute wegen ihres Widerstands gegen den Dresdener Naziaufmarsch als "kriminelle Vereinigung" nach §129 verfolgt, teilweise mit offen verfassungswidrigen Ermittlungsmethoden.

AK Antifa

Von Friedhöfen und Mördern

In Berlin wurden allein in der letzten Woche ein angolanischer Putzmann, ein weiterer Afrikaner und ein Ami bei rassistischen Angriffen verletzt. In Ahlen wurde ein 46-jähriger von vier Leuten rassistisch beschimpft und schließlich niedergestochen (liegt noch im Krankenhaus); die örtliche CDU-Mittelstandsvereinigung klärt nächsten Dienstag über die Gefahren des Rassismus auf, dazu hat sie sich einen Referenten namens Sarrazin eingeladen.
In Moskau wurde am 22.11. ein Nigerianer am helllichten Tag von Nazis geradezu abgeschlachtet. Ansonsten scheint es in Russland Erfolge bei der Bekämpfung rassistischer Straftaten zu geben, das war heuer "erst" der 21. rassistisch motivierte Mord, 2009 waren es noch 84. Kurz vor der Wahl fällt der Regierung allerdings selber nix Besseres ein als wegen Stress mit der Regierung Tadschikistans GastarbeiterInnen von dort auszuweisen und zu schikanieren.
Das St. Petersburger Stadtparlament hat fast einstimmig ein Gesetz auf den Weg gebracht, das "Kinder vor destruktiver Propaganda bewahren" soll; genauer gesagt kriminalisiert es jegliche homosexuelle Lebensregung in der Öffentlichkeit und Schwulenparaden sowieso. In der Debatte waren sich Alle einig, das die Stadt von einer schwulen Verschwörung unterwandert sei, die sogar auf Plakaten mit Peter dem Großen Regenbögen platziert habe. Amnesty International protestierte, ebenso wie 200 Leute auf einer Kundgebung auf dem St. Petersburger Schlossplatz am 20.11. Faschos griffen die Kundgebung mehrmals an, konnten zwar zurückgeschlagen werden, verprügelten dann aber im Anschluss zwei AktivistInnen auf dem Heimweg.
In Dnjepropetrowsk (Südost-Ukraine) wurde der 17-jährige Antifaschist Michail Norocha tot aufgefunden. Zunächst sah es nach einem Selbstmord durch Sprung aus einem leerstehenden Hochhaus aus, allerdings wurden an der Leiche Verletzungen, die nicht von dem Sturz stammen können, und Spuren von Pfefferspray gefunden. Da er auch nicht ausgeraubt wurde, deutet alles auf einen politisch motivierten Mord hin; Michail war bereits zweimal von Nazis mit Messern verletzt worden.
Im sibirischen Angarsk fiel unterdessen im 4. Anlauf endlich das Urteil gegen die 20 Faschos, die dort 2007 ein Öko-Camp überfallen und Ilja Borodajenko ermordet hatten. Es zeigte sich, dass die Spurensicherung miserabel war, es gab kaum Fotos vom Tatort, so dass im Nachhinein nicht zu klären war, welches Zelt wo stand und wer für welche konkrete Tat verantwortlich ist. So gab es nur vier Haftstrafen (je ca. acht Jahre) und 16-mal (auch für Anführer Jewgenij "Boomer" Panow) Bewährung, und die Verteidigung will sogar noch in Berufung gehen. Die Bullen hatten die Faschos übrigens auf dem Weg zu dem Überfall kontrolliert und trotz Bewaffnung passieren lassen; stattdessen waren sie sehr bemüht, die UrheberInnen "extremistischer" Anti-Atom-Graffiti in der Stadt zu finden.
Gegen einen Naziangriff auf einen linken Jugendtreff demonstrierten am 9.11. in Barsinghausen 40 Leute spontan. Die Polizei begleitete die Demo eine halbe Stunde lang ohne einzugreifen, weil sie dachte, es sei eine Faschodemo. In der Nacht zuvor hatte auch die "Freie Schule" in Mérida (Spanien) Besuch von Nazi-Vandalen bekommen, die Türen aufbrachen, Lehrmaterial zerstörten und Parolen schmierten.
Nach längerer vergeblicher Suche nach einem Tagungsort fand der NPD-Bundesparteitag am 12. und 13.11. schließlich in Neuruppin (Brandenburg) statt, begleitet von Protesten und einer Dauermahnwache vor der Halle. Und während ihr "nationales Zentrum" in der Leipziger Odermannstraße allmählich Zerfallserscheinungen zeigt (z. B. flogen kürzlich die "freien Kräfte" raus), gibt's jetzt ein NPD-Haus in Chemnitz. Proteste auch schon. Ein weiterer Nazitreffpunkt von überregionaler Bedeutung, wo sich Alt- und Neonazis die Klinke in die Hand geben, ist in Sömmerda bei Erfurt entstanden, wo sich die Faschos über eine Strohfrau eine Villa gekauft haben.
Eine Gruppe Punks entdeckte am 12.11. in Norderstedt einen NPD-Infostand inmitten eines Polizeiaufgebots. Da die Nazis der Einladung, die Stadt zu verlassen, nicht folgten, meldeten die Punks eine Gegendemo an, der sich nach und nach 30 PassantInnen anschlossen, so dass die Nazis dann schließlich doch gingen.
Die Internierung von Nazis nach dem Krieg im "Rheinwiesenlager" war Thema einiger Faschoaktionen im Rheinland. Eine Demo in Böhl-Iggelheim war verboten worden, allerdings war stattdessen eine Kundgebung erlaubt worden, was nicht öffentlich gemacht wurde, so dass nicht zu Gegenaktionen mobilisiert worden war. Nazis waren aber auch nur ein paar Dutzend da. Auch in Remagen kamen rund 100 Faschos zum feierlichen Fahnen- und Kranzschwingen zusammen.
Der "Volkstrauertag" war vielerorts wieder mal Gelegenheit für den Schulterschluss der Gesellschaft nach ganz rechts. In Köln outeten sich rechtsradikale Burschenschafter im Trauervolk angesichts von antimilitaristischen Transpis vor der Kirche mit Naziparolen. In Vossenack bei Aachen marschierten NPD und Kameradschaften gleich ganz offiziell bei der städtischen Veranstaltung mit, und die Polizei soll den antifaschistischen Protest auf Abstand halten. Der Ausschluss der Neonazis ist übrigens seit 2009 angekündigt, wurde aber auch heuer nicht durchgezogen. Eine verspätetes "Heldengedenken" am 20.11. auf dem Lüneburger Zentralfriedhof konnte hingegen durch eine schnelle antifaschistische Reaktion verhindert werden, die Nazis warfen ihren Kranz stattdessen in Winsen/Luhe ab.
In Essen konnten sich am 19.11. mal wieder 6000 Graue Wölfe (türkische Faschos) in der Grugahalle treffen. Eine kurdische Gedenkveranstaltung am nächsten Tag in Berlin wurde dagegen im Rahmen einer "Routinekontrolle" von den Bullen gestürmt, die allen TeilnehmerInnen alles Bargeld über 50€ abnahmen – könnten ja als Spenden für irgendwas Verbotenes gedacht sein. (Gesammelt wurde dort für Erdbebenopfer in Van, aber was soll's.) Und die Demo gegen das PKK-Verbot nächsten Samstag in Berlin ist auch vorerst verboten worden.
Den jüdischen Friedhof von Oldenburg-Osternburg bewarfen am Morgen des 19.11. fünf vermummte Faschos mit Farbbeuteln, ein Polizist, der die Täter entdeckte, bekam eine Ladung Pfefferspray ab. An der Oldenburger Reichspogromnacht-Gedenkaktion hatten heuer übrigens 2000 Leute teilgenommen.
Pro Köln rief, und alle kamen zu der Großdemo gegen das AZ am 19.11. Allerdings waren von den mehreren Tausend Menschen, die dem Aufruf folgten, nur 70 für das Anliegen, der Rest war für das AZ und gegen Pro Köln. Die Demo endete deshalb schon nach 300 Metern an einer Blockade (wo sie dann drei Stunden rumstand). In Berlin war an diesem Tag wieder mal die traditionelle Silvio-Meier-Gedenkdemo. 4000 Leute protestierten gegen den Mord vor 19 Jahren, aktuellen Naziterror und einen Fascholaden. Fünf Festnahmen und ein paar verletzte Nazis. In Kassel gab es eine unangemeldete Gedenkdemo für Silvio und den ebenfalls von Nazis ermordeten russischen Antifa Kostolom. Zwei Tage später kamen erneut ca. 100 Leute auf die alljährliche Mahnwache am Tatort in der Berliner U-Bahn-Station Samariterstraße.
Am Abend des 19.11. griffen 15-20 Faschos ein Konzert in Sangerhausen an; es gab zahlreiche Leichtverletzte, eine Konzertbesucherin wurde von einem Nazi gebissen. Der Angriff dauerte eine halbe Stunde, dann kam die Polizei und kontrollierte die Opfer. In den umliegenden Dörfern wurden außerdem in dieser Nacht jede Menge Hakenkreuze u. a. gesprüht. Der Stadtjugendpfleger wundert sich, dass "Rechte" an der "Sache" beteiligt waren.
Der Kopf der Faschogang Old Brothers aus dem Wetteraukreis bei Frankfurt ist auf (hohe) Kaution und mit elektronischer Fußfessel aus dem Knast entlassen worden. Die Birne mit dem bezeichnenden Spitznamen Schlitzer muss jetzt allerdings erst mal ein paar interne Dinge klären, die mit seiner Frau und seinen Kameraden zu tun haben.
In Euskirchen wird eine 16-jährige von "Freien Nationalisten" mit Gewalt und Brandanschlägen bedroht. Sie solle dafür sorgen, dass Informationen über ihre Führungsebene aus dem Internet gelöscht werden. Sie ging stattdessen zur Polizei, die angeblich was dagegen macht.
Die rassistischen Demos gegen und Übergriffe auf Roma im tschechischen Varnsdorf gehen weiter. Rassistische BürgerInnen marschieren gemeinsam mit Neonazis und rufen nach der Gaskammer. Soliaktionen gibt's auch: von Dresden aus wurden Hilfslieferungen organisiert, und das tschechische Konsulat in Dortmund bekam etwas Farbe ab.
Und wegen der Proteste gegen den Naziaufmarsch am 3.9. in Dortmund gibt's zur Zeit verstärkte Hausbesuche von der dortigen Kripo bei den Leuten, die dort festgenommen wurden. Aber Anna und Paul erzählen denen eh nix.

AK Antifa

Wer sind die Bösen?

In Warschau fand am 11.11. wieder der traditionelle Faschoaufmarsch zum Unabhängigkeitstag statt. Wie in den vergangenen Jahren wurde versucht, diesen zu blockieren. Diesmal wurde auch im Ausland für die Antifa-Aktionen mobilisiert, unter anderem fuhren mehrere Busse aus Berlin.
Die Anreise von AntifaschistInnen aus Deutschland wurde von Polizei und Medien für eine Kampagne ausgenutzt, im Stil von: "In Polen gibt's gar keinen Rechtsradikalismus und jetzt kommen da deutsche Invasoren, um die Feiern zum polnischen Unabhängigkeitstag anzugreifen!" 92 dieser "Invasoren" wurden schon kurz nach der Ankunft in Warschau (also Stunden vor irgendwelchen Krawallen) gekesselt, festgenommen, teils zwei Tage lang festgehalten (Limit ohne Haftrichter ist in Polen 72 Stunden), misshandelt und exzessiv zu Propagandazwecken missbraucht. Anzeigen gab's keine, aber Bußgelder wurden trotzdem verhängt.
Es gab eine "bunte Unabhängigkeitsdemo" (eine Mischung aus Festival und Protest gegen den nationalistischen Aufmarsch). Die Blockaden waren zwar nicht größer als sonst (zwar gab es die internationale Mobilisierung, dafür war die Beteiligung aus dem Inland wegen der vorangegangenen Hetzkampagne kleiner), aber erfolgreich. Die Polizei stand zwischen den Blockaden (3000 Leute, davon vielleicht 700 Antifas) und der Faschodemo (ca. 7000 Leute), und weil den Faschos die Räumung zu langsam ging, griffen sie die Cops massiv an. Teilweise gelang es ihnen auch, die Blockaden anzugreifen, und in der ganzen Stadt kam es zu massiven Übergriffen auf vermeintliche Linke und auch auf JournalistInnen durch Fascho-Hools. Es wurden 40 verletzte Cops und 210 Festnahmen gemeldet, darunter 113 Linke (die 92 auf der Anreise inbegriffen). Letztlich konnten die Faschos wegen der Blockaden nicht ins Stadtzentrum marschieren, mussten auf eine Alternativroute ausweichen und zogen dort eine Spur der Verwüstung, die nicht in allen Medien ihnen zugeschrieben wurde, um's mal vorsichtig auszudrücken.
Die polnische Antifa bedankte sich bei allen ausländischen UnterstützerInnen, während sich die "zivilgesellschaftlichen Akteure" von ihnen distanzierten; da überlagerte offensichtlich die Angst vor der Medienkampagne Alles, denn aus dieser Ecke gab's nicht mal den Versuch, die gröbsten Verdrehungen der Berichterstattung zu korrigieren.
Der nationalistische Aufmarsch bestand nicht nur aus Hardcorefaschos, sondern es waren auch viele Leute aus dem "rechtsbürgerlichen" Spektrum da, die sich allerdings nullkommagarnicht von den Schlägern distanzierten. Die "richtigen" Faschos von ONR und MW stellen nur eine Minderheit dar – haben den Aufmarsch aber organisiert. Anwesend waren außerdem Faschos und Neonazis aus ganz Europa: Combat 18, Blood & Honour, ungarische Jobbik, serbische SNP 1389, italienische Forza Nuova usw. Und Präsident Komorowski war sich auch nicht zu schade, zu erklären, ONR ("Lager der Nationalradikalen") sei gar nicht faschistisch – während sich die Gruppe gerade eine Reihe faschistischer Symbole, darunter das White-Power-Zeichen (Keltenkreuz) als Marken eintragen ließ, ausdrücklich zu dem Zweck, "Verunglimpfungen" dieser Symbole künftig per Markenrecht kriminalisieren lassen zu können.
Die Darstellung der Nazis ist übrigens, dass "1500 Anarchisten und Schwule" die Polizei angegriffen hätten und die sich daraufhin gegen die unschuldigen "Nationalisten" gewendet hätte.
Gegen die Repression demonstrierten am 22.11. über 50 Leute zur polnischen Botschaft in Berlin-Grunewald und übergaben eine Petition gegen die Verhaftungen, Menschenrechtsverletzungen und Medienhetze.

Antifa Ost

Nebenkriegsschauplätze

Wie man zum Teil des Problems wird, zeigte die Gewerkschaft ver.di mal wieder in Kiel, wo sie gemeinsam mit den großen Parteien gegen die Schließung des Marinearsenals demonstrierte und in ihrer Argumentation kritiklos die weltweiten Einsätze der Bundesmarine unterstützte. Kritik kam bloß von der FAU, die antimilitaristische internationale Solidarität anmahnte und auch Bundeswehreinsätze im Inneren sowie den "gesellschaftlichen Militarismus" der Standortgemeinde kritisierte. Ein ähnliches Phänomen zeigt sich ja auch bei uns insbesondere am Rüstungsstandort Friedrichshafen, deswegen hier mal wieder der Hinweis auf das Projekt waffenvombodensee.webnode.com.
Am 19.11. fanden im Vorfeld der Petersberg-Konferenz über den Afghanistankrieg an verschiedenen Orten Aktionen unter dem Motto "Krieg beginnt hier!" statt. So wurde der Rüstungskonzern Diehl in Nürnberg von 200 KriegsgegnerInnen besucht, und bei der Bochumer BP-Deutschlandzentrale beschwerten sich 40 Leute über den Krieg ums Öl und BPs Irak-Geschäfte.
Am 23.11. wurde Inge Viett (Ex-RAF/2. Juni) vom Amtsgericht Berlin-Tiergarten wegen öffentlicher Billigung von Straftaten zu 1200€ Strafe verknackt. Ihre verabscheuungswürdige, durch nichts zu rechtfertigende Äußerung lautete: "Wenn Deutschland Krieg führt und als Antikriegsaktion Bundeswehrausrüstung abgefackelt wird, dann ist das eine legitime Aktion wie auch Sabotage im Betrieb an Rüstungsgütern, illegale Streikaktionen, Betriebs- und Hausbesetzungen, militante antifaschistische Aktionen, Gegenwehr bei Polizeiattacken."
Der Sozialarbeiter meckert, die olle Inge ist jetzt so lang fürs Bombenlegen im Knast gehockt und jetzt ist sie gegen Bomben und es ist wieder nicht recht, aber der hat ja keine Ahnung. Das ist nämlich laut Urteil keine durch das Grundgesetz gedeckte freie Meinung, weil sie nämlich den öffentlichen Frieden stört, auch wenn ideologisch verblendete Menschen denken, dass sie eigentlich vielmehr den Krieg stört. Aber der Krieg ist natürlich Teil des öffentlichen Friedens und steht unter entsprechendem Schutz. Wo kämen wir denn hin? Mal bestimmt nicht bis an den Hindukusch, geschweige denn nach Sibirien.
Freigesprochen wurde dagegen am selben Tag Thies Gleiss von der Linkspartei, der Afghanistankämpfer als Mördersoldaten bezeichnet hatte. Und Viett schlug vor, mal wegen "öffentlicher Billigung von Straftaten" diejenigen zu belangen, die Aktionen wie das Massaker von Kunduz oder den Bundeswehrangriff auf DemonstrantInnen in Talokan rechtfertigen.
Ein erkrankter kanadischer Bosnien-Veteran hat mit einem Hungerstreik durchgesetzt, dass Uranverseuchung als Berufskrankheit für SoldatInnen anerkannt wird. Zuvor hatte er ein individuelles Angebot, d. h. dass nur er als Uran-Opfer anerkannt und seine Behandlung bezahlt worden wäre, abgelehnt. Uran war in vielen Kriegen der letzten beiden Jahrzehnte für besonders durchschlagkräftige Granaten verwendet worden und verstrahlt viele der betroffenen Gebiete und die "befreite" Bevölkerung von Libyen bis Afghanistan. Übrigens gibt es mittlerweile Hinweise, dass dafür nicht nur das bei der Herstellung und Wiederaufbereitung von Brennelementen anfallende abgereicherte Uran verwendet wurde, sondern sogar leicht angereichertes Uran, das viel stärker strahlt. Der Grund ist unklar und Militärs streiten Alles ab, aber das Zeug ist halt Abfall und darum billiger als alternative Materialien.

Netzwerk vaterlandsloser Gesellen

Weg da!

Mit zweiwöchiger Verspätung hat das Berliner Landgericht die NutzerInnen der Werkstätten im Linienhof nun doch zur Räumung verurteilt. Die Verschiebung kam zustande, weil der Eigentümeranwalt kurz vor dem ursprünglichen Urteilsverkündungstermin noch schnell zwei Schriftsätze eingereicht hatte, die natürlich noch geprüft werden mussten und so den NutzerInnen eine Gnadenfrist verschafften. Die prüfen jetzt erst mal eine Berufung. Die Schriftsätze bestätigen übrigens, dass die Protestaktionen gegen die Räumung den InvestorInnen doch ziemlich auf die Nerven gegangen waren (woraufhin sogar eine Baugruppe platzte). Ist doch schön, das auch mal schriftlich zu kriegen.
In Freiburg-Herdern besetzten am 10.11. ca. 70 Leute aus einer StudentInnen-Vollversammlung heraus ein Haus. Tags darauf wurde in Hannover-Linden eine ehemalige Bullenwache besetzt, die Räumung dauerte bis zum 12. und erfolgte aus Prestigegründen; 13 Leute nächtigten in Zellen. Am 18. wurde in Hannover übrigens ein Beteiligter der Besetzung der Limmerstraße zu 60 Tagessätzen wegen Widerstands gegen die Räumung verknackt; eine ernsthafte juristische Prüfung, z. B. ob es überhaupt den für die Räumung erforderlichen Strafantrag der EigentümerInnen gegeben hatte, hatte der Richter nicht nötig.
Der räumungsbedrohte Hamburger Wagenplatz Zomia ist immer noch da, die Spannung wächst aber, ein Ultimatum bis zum 21. wurde zunächst bis zum 24.11. verlängert. Am 12.11. gab es einen dezentralen Aktionstag; zahlreiche potentielle Standorte wurden entsprechend gekennzeichnet. Am 23. wurde dann ein Ausweichplatz auch tatsächlich mit mehreren Wägen (teils von der Zomia) besetzt, verließen diesen dann aber am Abend wieder im Rahmen einer Demo. Bezirkschef Schreiber möchte sie stattdessen auf eine ungeeignete Fläche am Holstenkamp schicken, die er selber auch nur als "Übergangslösung" sieht.
Und in Rostock gab es am 12.11. eine Nachttanzdemo für die Freiheit und gegen Alles, woran sich gut 100 Leute beteiligten. Die Auflagen insbesondere in puncto Lärmschutz waren albern und wurden auch so behandelt.

AK Bauen & Besetzen

Für Pflanzen und Tiere

In Moskau geht der Kampf gegen die Abholzung des Waldes von Chimki auch juristisch weiter. Überraschend hat die Staatsanwaltschaft Chimki die Polizei mit Ermittlungen wegen illegaler Rodungen (das waren alle, es gab in keinem Fall eine Genehmigung; eine wurde nachträglich ausgestellt, gerichtlich auf eine Trassenbreite von zuletzt noch 15 Metern reduziert, die Schneise ist allerdings über 100m breit) und bezüglich der Rolle des Generalunternehmers Semtschenko beauftragt. Die örtliche Polizeiinspektion hatte es zunächst abgelehnt, gegen Semtschenko vorzugehen.
Im Wald selber wurde am 16.11. ein Wintercamp mit Tipi und beheiztem Bürocontainer eröffnet, um das Treiben der Autobahnbauer zu beobachten; die Arbeiten wurden gleich mal eingestellt. Die Schneise ist aber bereits acht Kilometer lang. In der Nähe wurde eine Brückenbaustelle entdeckt, "natürlich" auch die wieder ohne Baugenehmigung. Die Polizei griff wie immer trotzdem nicht ein, ging aber wenigstens auch nicht gegen die AktivistInnen vor, die erneut Anzeigen wegen illegaler Arbeiten und wegen Untätigkeit der Polizei erstatteten und die Baustelle symbolisch blockierten, woraufhin sie für diesen Tag eingestellt wurden.
Greenpeace Russland weist übrigens darauf hin, dass im Bezirk Moskau noch 400 weitere Wälder von Straßen, Einkaufszentren, Luxushütten usw. bedroht sind, so dass dort insgesamt 60% der geschützten Waldfläche auf dem Spiel stehen.
Am 5.11.2001 starb der wegen Sachbeschädigungen zu 18 Jahren Knast verurteilte britische Tierbefreiungsaktivist Barry Horne 49-jährig an den Folgen eines Hungerstreiks. Zum 10. Jahrestag gab's weltweit Aktionen. In Italien brannte ein McDoof, in Chile wurde ein Fleischkonzern angemalt, in Bolivien brannte ein hühnerverarbeitender Betrieb, und der britisch-amerikanische Tierversuchskonzern HLS erlebt einen ziemlich heißen Herbst. Betroffen ist nicht nur HLS selber, sondern alle möglichen Firmen, die mit ihm zusammenarbeiten, so dass etliche Firmen öffentlich erklären, dass sie die Geschäftsbeziehungen mit HLS beenden. Es kam zu Barry-Gedenk-Demos, HLS-MitarbeiterInnen in Los Angeles wurden an ihren Wohnorten denunziert ("Wissen Sie, was Ihr netter Nachbar mit dieser süßen Ratte macht?") und weitere Firmen besucht.
Und am 21.11. musste eine Umweltaktivistin sich wegen des Widerstandes gegen die Hühnerschlachtfabrik in Wietze ED-behandeln lassen, obwohl das für die hängigen Verfahren wegen Widerstands gegen Verhaftungen bei der Bauplatzbesetzung in Teplingen eigentlich gar nicht nötig ist. Reine Vorsichtsmaßnahme, die Frau habe eine erhebliche kriminelle Energie und sei sogar schon bei Castortransporten gewesen. Die Schlachtfabrik hat übrigens im Umland immer noch viel zu wenig Opfer und importiert deshalb massig Hühner aus Dänemark. 20 Leute begleiteten die ED-Behandlung mit einer Solikundgebung vor der Bullenwache.

Der Wolf

Castoren und sonstiger Müll

Von La Hague rollt mal wieder ein Castor nach Gorleben, genauer gesagt elf Stück und bei Redaktionsschluss rollte er auch nicht, sondern stand wieder mal. Für den deutschen Teil der Strecke sollen 19.000 Bullen sorgen, aber schon in Frankreich gab es kräftige Verzögerungen, obwohl die Behörden den Transport spontan extra einen Tag früher fahren ließen, um die Proteste zu unterlaufen. Aus einem Anti-Castor-Camp in Valognes heraus wurde gleich mal der erste Streckenabschnitt geschottert, es gab heftige Zusammenstöße mit den Ordnungskräften, die Strecke musste nach der Räumung erst mal wieder gerichtet werden, bevor der Zug drüber konnte. Somit stehen die Chancen gut, dass heuer der Fahrzeitrekord von 2010 (92 Stunden für die ganze Strecke) nochmal überboten wird, zumal der Fahrplan auf der deutschen Seite nicht verändert wurde und der Castor somit schon von selber kurz vor der Grenze eine ganze Weile parken musste. Der Widerstand dagegen war in diesem Fall zu flexibel, die Demo in Berg/Pfalz, die als Treffpunkt für die Südblockade dienen sollte, wurde nämlich spontan von Freitag auf Donnerstag früh vorverlegt, so dass die Leute dann 24 Stunden auf den Castor warten mussten.
Die 335 Ermittlungsverfahren wegen der Schotteraktion letztes Jahr im Wendland sind übrigens alle eingestellt worden. Dafür gibt's dort jetzt Theater wegen Camps, die Cops wollten nämlich das in Dumstorf verbieten, weil es ihnen zu nah an der Schiene ist; aufgebaut wurde es mal trotzdem, ehe dann am Montag (21.) tatsächlich eine Verbotsverfügung kam, mit der Begründung, schienennahe Camps würden im diesjährigen Aufruf zum Castorschottern erwähnt. Am 23. wurden von einem Linkspartei-Infostand in Wilhelmshaven drei Schotter-Plakate wegen Aufforderung zu Straftaten polizeilich entfernt. Am Abend zogen dann Schneewittchen und die 60 Zwerge mit einem Laternenumzug durchs Wendland. Tags darauf demonstrierten morgens in Lüchow 2000 SchulschwänzerInnen und abends in Metzingen/Wendland nochmal 1000 Leute, ein paar von denen warfen Farbe und ein paar von den Cops warfen Wasser, während auf der B216 die traditionelle Landmaschinenschau aufgebaut wurde. Die Spiele können beginnen, vorausgesetzt, der Castor kommt an der Südblockade vorbei.
Mit den undichten MOX-Brennelementen (das sind die mit dem Plutonium drin) im AKW Gundremmingen hat sich jetzt auch der bayrische Landtag befasst und jetzt aber ganz verschärft ultimativ gefordert, dass er eine Postkarte kriegt, wenn die in Gundremmingen irgendwas darüber rauskriegen. Den Grünen-Antrag, den MOX-Einsatz bis zur Klärung der Ursachen zu verbieten, hat er trotzdem abgelehnt.
Die radioaktiven Gase, die aus den Elementen in den Reaktor ausgeströmt sind, sind jetzt eh schon weg, bei der Revision musste ja der Deckel geöffnet werden und dann ist der ganze Mist durch den Kamin raus; erstmals musste das AKW die Messdaten rausrücken, und daraus geht hervor, dass die Konzentration radioaktiver Edelgase in der Abluft von ca. 3 schlagartig auf über 700 Kilobecquerel pro Kubikmeter angestiegen ist. Könnte es wohl sein, dass solche gelegentlichen "Strahlenduschen" die Häufung von Krebsfällen in der Umgebung von AKWs erklären, für die die Strahlung im Normalbetrieb theoretisch viel zu gering ist?
RWE darf in Deutschland ja keine AKWs mehr bauen, hofft aber auf Aufträge in anderen Ländern, z. B. Britannien und den Niederlanden. Kritisiert wurde das am Bochumer RWE-Kundenzentrum in der Nacht auf den 16.11. mit Farbe. Gegen AKW-Neubauten wurde auch in Moskau protestiert, und zwar am 18.11. mit einer Mahnwache vor Rosatom gegen die geplante Lieferung eines AKWs an Weißrussland und am 21. beim Finanzministerium, weil die Dinger alle sauteuer und hochsubventioniert sind.
Gegen Indien gab es seit seinem ersten Atombombentest in den 70ern ein Nuklearembargo, aber nachdem die pakistanischen Nachbarn jetzt eh selber ne Bombe haben, wird das jetzt gelockert. Die australische Premierministerin will gleich mit den Uranlieferungen anfangen, scheint's hat sie zuviel davon. Einfach den extrem umweltzerstörerischen Uranbergbau ein bisschen zu reduzieren, statt eine Atommacht zu fördern, kommt ihr nicht in den Sinn.

Atom-Combo

Flüchtlinge unter Feuer

In Aigio bei Patras wurden Baracken angezündet, in denen fast 30 ImmigrantInnen lebten. Drei landeten im Krankenhaus. Es wird ein rassistischer Anschlag vermutet. Die ImmigrantInnen haben übrigens Papiere. Und das Lager der Flüchtlinge im serbischen Subotica an der ungarischen Grenze, die dort auf eine Möglichkeit warten, in den Schengen-Raum zu kommen, ist von der Polizei niedergebrannt worden. Die meisten der über 1000 Flüchtlinge sind abgehauen, einige verstecken sich noch in der Gegend. Offiziell haben die Cops dort nur eine Aktion gegen Schleuser durchgeführt und 14 festgenommen. Scheinbar wurden auch viele Flüchtlinge verhaftet und nach Mazedonien abgeschoben. Der Aktion vorausgegangen waren rassistische Ausschreitungen in Banja Koviljaca, einer Kleinstadt mit 6000 EinwohnerInnen, wo in ein Zentrum für 80 Leute ungefähr 2500 Flüchtlinge einquartiert worden waren. Hamburg und andere deutsche Bundesländer schieben trotzdem munter weiter Roma und andere Flüchtlinge nach Serbien und Mazedonien ab.
Aus Anlass des Jahrestages des Abschiebeknast-Selbstmords von Milos haben in Syke über 50 Leute gegen repressive Asylverfahren und die Zustände im deutschen Flüchtlingswesen demonstriert. Die Bullen stressten rum, weil ein Lauti erst ab 50 Leuten legal sei, mussten sich aber bei einer Nachzählung geschlagen geben.
Auch aus Nordafrika gibt's schlechte Nachrichten. Die libyschen Aufständischen haben 7000 Flüchtlinge willkürlich interniert, sie verdächtigen Schwarze pauschal als Gaddhafi-SöldnerInnen und misshandeln sie dementsprechend, obwohl viele von ihnen vor der Revolution dort gearbeitet hatten oder Flüchtlinge auf dem Weg nach Norden waren. Und zu den bisherigen Horrormeldungen über Flüchtlinge auf dem Sinai kommt jetzt noch die, dass viele gezielt ermordet wurden, um ihre Organe verkaufen zu können. Man könnte vermuten, dass solche Gerüchte absichtlich verbreitet werden, um Leute davon abzuhalten, über Israel zu fliehen, wenn es Berichte über Organraub an Flüchtlingen nicht früher schon aus tunesischen und libyschen Lagern gegeben hätte.

AK Flucht & Migration

Putsch in Europa!

Die Revolution geht weiter, die Konterrevolution schläft aber auch nicht. In zwei EU-Staaten ist in den letzten Tagen die Demokratie aufgehoben worden: Italien wird jetzt durch Ex-EU-Kommissar Monti regiert und Griechenland durch Ex-Notenbankchef Papademos. Nicht dass irgendjemand dem Berlusconi hinterherweinen würde, seinen Abgang begleiteten "Mafioso!"-Rufe und ein spontaner Halleluja-Chor, und er selber hängt auch nicht mehr so an seinem Amt, nachdem ihm der Knast zumindest in Italien nicht mehr droht (dort kann man aus humanitären Gründen nicht mehr eingesperrt werden, wenn man mal 75 ist). Aber immerhin war der Kerl demokratisch gewählt, im Gegensatz zu seinem Nachfolger! Der Aufschrei hält sich in Grenzen, obwohl hier die EZB schnell mal eben zwei Länder unter Zwangsverwaltung stellt, und wahrscheinlich bleibt es nicht bei zwei Ländern.
An die Macht kommen mit diesem unblutigen Putsch sogenannte Technokraten, die sich selbst als Exekutoren des alternativlosen Unabänderlichen verstehen – sprich ideologisch gefestigte neoliberale Betonköpfe. Man muss sich mal klarmachen, dass der Neoliberalismus nicht vom Himmel gefallen ist. Der Bundestag z. B. hat über hundert Einzelbeschlüsse zur Deregulierung der Finanzmärkte gefasst. Dass man sie eigentlich eher regulieren müsste, ist seit der Finanzkrise theoretisch allen klar, aber irgendwie geschieht da nicht viel.
Parallel dazu wurden auch auf der Straße die Schrauben angezogen. Nachdem am 12.11. nochmal Zehntausende auf die Straße gingen (8000 Leute umzingelten das Berliner Regierungsviertel, 10.000 das Frankfurter Bankenviertel, in München demonstrierten 300 gegen das System und in Kiel 200), wurde in folgenden Woche mit der Occupy-Bewegung aufgeräumt. Bereits am Samstag wurde in Berlin rigoros gegen Neubesetzungen vorgegangen, die Bullen zogen gezielt Leute mit Campingausrüstung raus, an bereits beschlagnahmten Zelten wurde teilweise jede Stange einzeln zerbrochen. Am Morgen des 15.11. wurde der besetzte Lindenhof in Zürich, wo noch 80 Leute aushielten, geräumt; ca. 25 Leute gingen nicht freiwillig, wurden festgenommen und bekamen Innenstadtverbote. Am gleichen Tag wurde Occupy Wall Street in New York geräumt. Räumungsversuche gab es auch in Oakland, Portland und Toronto. Am 17.11. gab es in zahlreichen Städten der USA Demos; allein in New York, wo die Wall Street blockiert wurde, wurden 300 Leute festgenommen.
Die bereits bestehende Besetzung in Berlin hat dagegen auf dem Privatgrundstück sowas wie ne Duldung bis 2012 und könnte sowieso erst nach einem gerichtlichen Räumungsbeschluss plattgemacht werden. Und Occupy Hamburg versuchte sich lieber mit einer Saalveranstaltung, da musste sich Deutsche-Bank-Chef Joe Ackermann bei der Versammlung der "ehrbaren Kaufmänner" unangenehme Fragen gefallen lassen, von denen er aber lediglich eine beantwortete (und auch das nur mit Allgemeinplätzen und Ausreden); sein geplanter Vortrag dort stand übrigens unter dem passenden Motto "Markt und Moral: Zur Verantwortung globaler Unternehmen".
Jetzt mal was Perspektivisches zwischendurch, damit bei diesem ganzen Aktionismus das Inhaltliche, die Alternative zum Kapitalismus, nicht zu kurz kommt. Falls Ihr Euch in Tauschmärkten betätigt oder mit Alternativwährungen bezahlt, ist das vielleicht was für Euch: in Pula (Kroatien) hat am 13.11. ein alternatives Welt-Währungs-System eröffnet, das Märkte und Menschen befreien will. Ein netter Ansatz, allerdings überwindet er nicht das Grundprinzip des Kapitalismus, das Tauschprinzip (Geld gegen Ware/Leistung). Denn eigentlich wären wir von den Produktionsmitteln her ja schon so weit, dass wir das hinter uns lassen könnten – wir können jetzt schon viel mehr herstellen, als wir überhaupt (ver)brauchen können.
Immer größere Anteile der Arbeitskraft stecken nur noch in unproduktiven oder sogar destruktiven Tätigkeiten, die im wesentlichen darin bestehen, das Tauschprinzip durch Abrechnung, Kontrolle, Preisverhandlungen, die Verhinderung "unberechtigter" Aneignung etc. aufrechtzuerhalten, vom völlig nutzlosen Spekulationsgeschäft ganz zu schweigen. So werden die Reibungsverluste des Systems immer größer, weil es den Produktionsmitteln nicht mehr entspricht und unser Wirtschaften mit Gewalt in eine Form gebracht werden muss, die sich diesem Tauschprinzip noch irgendwie unterordnen lässt. Wenn wir da keine Energie mehr reinstecken müssten, könnten wir Alle nehmen, soviel wir wollen, und bräuchten nur noch arbeiten, soviel wir Lust haben. Und über Finanzkrisen bräuchten wir uns schon gar keinen Schädel mehr machen. Aber das wäre dann schon der nächste Entwicklungsschritt.
In Kuwait haben am 21.11. 15.000 Leute gegen Regierung, Parlament und Korruption demonstriert. Und im Jemen hat die Revolution einen wichtigen Erfolg erzielt: Präsident Saleh hat auf- und die Macht ans Militär übergeben. Dass es damit nicht getan ist, zeigt das Beispiel Ägypten, obwohl dort der Wandel noch ein bisschen radikaler war (im Gegensatz zu Mubarak, der vor Gericht gelandet ist, hat sich Saleh gleich Straflosigkeit zusichern lassen). Der ägyptische "Sicherheits"-Apparat funktioniert auch ohne Mubarak weiter wie bisher, seit der Revolution sind 12.000 Leute vor Militärgerichten gelandet, und es wird weiterhin gefoltert, dass es der Sau graust.
Eigentlich sollte dort jetzt gewählt werden, aber ausreichend organisiert sind bisher nur die "Muslimbrüder" und die Mubarak-Fans, und das, was da gewählt wird, darf sowieso nix machen, was ihm das Militär nicht erlaubt. Deswegen gehen jetzt wieder Hunderttausende auf die Straßen und fordern, dass die Wahlen verschoben werden, bis sich die Zivilgesellschaft besser organisiert hat, und dass das Militär die Macht auch wirklich abgibt. Das Militär ließ die formelle zivile Übergangsregierung zurücktreten und den Pöbel, der statt der Marionetten die Puppenspieler zum Abtritt auffordert, blutig niederschlagen; es gibt schon wieder Dutzende von Toten, insbesondere durch den Einsatz von CR-Gas (eine extrem gefährliche Variante von Tränengas, die übrigens noch aus Beständen stammt, die mal von den USA an Mubarak geliefert worden sind). Als Ministerpräsident wurde jetzt einer von Mubaraks alten Ministerpräsidenten aus dem Hut gezaubert, da weiß man doch gleich, was man hat.
Ideologisch zieht das Militär sich auf den Standpunkt zurück, das wären alles Islamisten und nur es selber könne jetzt garantieren, dass z. B. die christliche Minderheit nicht massakriert wird; untermauert wird das mit gelegentlichen Zusammenstößen, bei denen allerdings immer wieder der Verdacht aufkommt, dass da der Geheimdienst fleißig mitgemischt hat. Das Klischee, die arabische Welt würde automatisch islamisch-fundamentalistisch, sobald sie ein bisschen demokratischer würde, das von den arabischen Diktatoren bis vor einem Jahr sorgsam gehegt wurde, da es ihnen die Unterstützung des "Westens" sicherte, wird also wieder aus der Schublade geholt, und manche (wie die SchwäZ) fallen auch wirklich drauf rein und schreiben was von islamistischen Demonstrationen, als ob es die letzten elf Monate nicht gegeben hätte. Konkret sind die "Moslembrüder" diesmal gegen die Demos und für schnelle Wahlen, weil sie hoffen, dass sie jetzt (siehe oben) dabei die besten Chancen haben.
Ähnlich ist die Propagandalage in Syrien, wo zur Aufrechterhaltung der Stabilität weiterhin täglich 20-50 Leute ermordet werden. Dass das Assad-Regime sich als Bollwerk gegen das islamistische Chaos zelebriert, ist ein bisschen abenteuerlich, wenn man weiß, dass seine engsten Verbündeten in der Region das iranische Regime und die libanesische Hisbollah sind. Immerhin scheint Assads Sicherheitsapparat nicht mehr so ganz mitzumachen, inzwischen sind angeblich schon 15.000 Soldaten desertiert und kämpfen auf der anderen Seite. Für internationale Unterstützung hat Syrien allerdings zu wenig Öl, und Putin unterstützt Assad im Weltsicherheitsrat, um die russische Marinebasis am Mittelmeer behalten zu dürfen.

Die Revolutionsqualitätskontrolle

Repressiva

In Ratzeburg demonstrierten am 12.11. 30 Leute gegen einen brutalen Polizeiübergriff auf einen 16-jährigen.
Aus der JVA Bruchsal wurde jetzt ein Häftling entlassen, nachdem eine Richterin entdeckt hatte, dass es gar keine Rechtsgrundlage für eine Freiheitsentziehung gab. Alles, was er noch nicht abgesessen hatte, waren nicht widerrufene Bewährungsstrafen; offenbar saß er mindestens ein Jahr zu lang.
Freigelassen wurden am 15.11. auch zwei indigene politische Gefangene in Chiapas, Mexiko. Gemeinsam mit neun GenossInnen waren sie über einen Monat im Hungerstreik gewesen. Sie waren vor fast 10 Jahren aufgrund eines Foltergeständnissen zu 14 Jahren verurteilt worden, für einen Mord, den sie nicht begangen hatten.
Die drei Gefangenen von der G20-Gipfel-Demo von Nizza sitzen dort weiter in Haft. Ihre Haftbefehle wurden um einen Monat verlängert. In Madrid gab's am 22.11. eine Solidemo mit 50 Leuten an der französischen Botschaft. Wegen massiver Polizeipräsenz (zwei Streifen und drei Wannen Riotbullen) wurde die Botschaft nicht niedergebrannt, sondern es wurden nur Flugis verteilt.
Der Gouverneur von Oregon hat für den Rest seiner Amtszeit die Todesstrafe ausgesetzt und öffentlich erklärt, dass er die beiden Hinrichtungen bereue, die er bisher zugelassen hat.

Die Buchhaltung

Meldungen

Zum Schutz der Gesundheit wurde ein neues Rauchgerät entwickelt, die "elektronische Zigarette", ein batteriebetriebener Verdampfer, der mit flüssigen Rauchwaren betrieben wird. Angeblich gibt's auch die Möglichkeit, aus Nutzhanf CBD zu lösen und dieses dann mit Hilfe von Schwefelsäure in flüssiges Synthetik-THC umzuwandeln, das somit ebenfalls elektrisch geraucht werden kann. Aber das ist vielleicht auch bloß ein Gerücht von HobbychemikerInnen, die ein paar Experimente zuviel inhaliert haben...

Anarchistisches

Das Konzert von Maladroits und Enraged Minority am 11.11. in der Freiburger KTS wurde abgebrochen, nachdem eine Sowjetfahne auf die Bühne gehängt und wieder entfernt worden war. Die Bands bekamen wegen stalinistischer Tendenzen ein Auftrittsverbot und beklagen sich über politische Einseitigkeit der AnarchistInnen in der KTS.
Einen Film über Graffiti auf U-Bahnen wollen die Berliner Verkehrsbetriebe gerichtlich verbieten lassen.
Das Rathaus von Schwarzenbek wurde in der Nacht auf den 23.11. mit der Parole "Herrschaft zerschlagen – Stadt selbst gestalten" verbessert.
Ebenfalls anarchistisch optimiert wurden am 24.11. zum "Tag des Lehrers" in der Türkei wieder zahlreiche Schulen von der LAF (Lise Anarsist Faaliyet, anarchistische Gymnasiumsaktion), zumeist durch Sabotage der Türschlösser und Verteilung von Propagandamaterial. Die LAF bezeichnete die Schulen als Sklavenfabriken. Letztes Jahr hatte es zu diesem Anlass Aktionen in 13 Städten gegeben, viele der betroffenen Schulen blieben den ganzen Vormittag zu.

Das Politbüro

Occupied

Die Occupy-Bewegung scheint sich vor Allem in den USA zu verfestigen. Es gab gerade Ansätze, PolizistInnen klarzumachen, dass auch sie zu den berühmten 99% gehören, da wurde Occupy Oakland (in Kalifornien) am Morgen des 25.10. von der Polizei überfallen, das Camp zerstört, 100 Leute verhaftet und Scott Olsen (übrigens ein Mitglied der "Irak-VeteranInnen gegen den Krieg") lebensgefährlich am Kopf verletzt. Der Platz wurde trotzdem wiederbesetzt, auf die nächste Versammlung kamen 3000 Leute und beschlossen einen Aufruf zum Generalstreik am 2.11. Tatsächlich kamen an diesem Tag über 100.000 Leute auf eine Demo im Stadtzentrum, ein großer Teil davon zog anschließend zum Hafen und legten ihn für diesen Tag lahm; offiziell lief der Betrieb mit halber Kapazität weiter, die Hafenleitung stoppte aber alle Bewegungen auf See "aus Sicherheitsgründen", d. h. es durfte nichts landen, ablegen, ein- oder ausfahren.
Bei Occupy Wall Street sprach übrigens kürzlich der anarchistische Professor Noam Chomsky. Er war von der Bewegung ziemlich begeistert und ging sogar davon aus, dass es eher 99,9 als 99% sind, die in dem gegenwärtigen System nichts zu sagen haben. Das verbleibende Promille werde aber alles dafür tun, dass die Verhältnisse im Wesentlichen so bleiben wie sie sind – und ein Promille, das sind im Fall der USA immerhin 300.000 stinkreiche Leute, die bisher alle Fäden in der Hand haben. Es bedürfe also wohl noch einiger Ausdauer, bis sich wirklich was verändert.
Das Netzwerk Anonymous stellt übrigens zur Zeit nicht nur die USA auf den Kopf, sondern hat auch in Mexiko einen bemerkenswerten Sieg über die Drogenmafia errungen: Um einen entführten Blogger freizupressen, drohte Anonymous mit der Veröffentlichung der Namen von Mitgliedern und HelferInnen der Zetas, einer der mächtigsten Drogenbanden. Und siehe da, am Tag des Ablaufs des Ultimatums war der Kollege frei. Jetzt wird noch drüber diskutiert, ob die nützlichen Informationen nicht trotzdem veröffentlicht werden sollten, um den Banden endlich das Handwerk zu legen. Seit 2006 sind in Mexiko angeblich 44.000 Leute im Drogenkrieg umgekommen, in den letzten Monaten hat es auch einige BloggerInnen getroffen.
Occupy London macht Fortschritte, wegen zu großer Beteiligung wurde dort nun nach St Pauls auch noch der Finsbury Square nebenan besetzt. Occupy Glasgow dagegen wurde geräumt, angeblich aus Sicherheitsgründen, nachdem eine Teilnehmerin nachts von einer Gruppe Betrunkener, die in das Camp eingedrungen waren, vergewaltigt worden sei.
In Ljubljana (Slowenien) ist ebenfalls der Platz vor der Börse besetzt, an den Demos dort beteiligen sich mehrere Tausend Leute und es gibt eine starke anarchistische Beteiligung. Die Aktionen dort kommen schon nahe an die proklamierten 99% heran, Meinungsumfragen melden immerhin eine Unterstützung von 85% für die Aktionen. Die Regierung wurde bereits entlassen, Neuwahlen sind für den 4.12. angesetzt. Allerdings wird's bei der Besetzung mittlerweile empfindlich kalt.
Und auch in Tel Aviv beteiligten sich am 29.10. wieder 50.000 Menschen an den Sozialprotesten.
In Deutschland hält sich noch ein Häufchen Aufrechter in Berlin, allerdings sind es zeitweise ziemlich wenige (und ne "Asamblea", die 99% der Bevölkerung vertreten soll, aber nur aus 10 Leuten besteht, ist schon ein bisschen arg symbolisch). Die Forderungen sind nicht besonders radikal, es sind halt die Klassiker von der radikalen Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich über Mindestlohn und Vermögenssteuer bis zum Rentenalter 65, außerdem sind die PlatzbesetzerInnen gegen Privatisierungen und für die "Vergesellschaftung" der Banken. Die radikale Linke duckt sich mehr oder weniger weg, vergrault von ein paar schrägen Vögeln, die mit ihren Verschwörungstheorien (mit und ohne Juden) den Diskurs dominieren; aber eigentlich solltet Ihr denen nicht das Feld überlassen, sondern die Gelegenheit nutzen, aktiv eigene Inhalte reinzubringen.
Da mit den paar Leuten eine Platzbesetzung auch nicht wirklich durchzusetzen ist, war der Vorgarten der Kanzlerin auf Dauer nicht zu halten, zwischenrein wurde mal ein Bettelbrief an Wowereit geschrieben, und nach einigem Hin und Her steht das Camp mit 20 Zelten jetzt auf dem sogenannten "Bundespressestrand", wo es von der Pächterin geduldet wird. Nennenswerte Mobilisierungen gibt es nur jeweils Samstags zu den Demos, da kommen meist so um die 1000 Leute. Solche Samstagsdemos gibt's auch z. B. in Bonn, wo es immer ein paar Hundert sind.
Auch Occupy Paradeplatz (in Zürich) stand vor dem Problem, das Recht auf Besetzung beantragen zu müssen; der Antrag wurde abgelehnt, angeblich wegen der vorgeschlagenen Veranstaltungsdauer von 99 Monaten. Ob die Besetzung jetzt aufgegeben oder die Revolution einfach schneller durchgezogen wird, war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt.
Die Partei, die in Tunesien die kostenlose Gesundheitsversorgung für Alle wollte und damit bei der Wahl drittstärkste Kraft wurde, ist nachträglich von der Wahl ausgeschlossen worden, ihre Stimmen sind somit verloren.
Der ägyptische Blogger Alaa Abd El Fattah ist direkt bei der Rückkehr von der Silicon-Valley-Menschenrechtskonferenz vom Militär verhaftet worden, weil er verlangt hatte, dass ZivilistInnen nicht mehr vor Militärgerichten landen sollten, was, wie jeder vernünftige Mensch doch sofort erkennen kann, natürlich perfideste Volksverhetzung ist. Auch noch im Knast ist Fattahs Kollege Maikel Nabil Sanad, der am 10.4. von einem Militärgericht zu drei Jahren verurteilt worden war. Das Urteil wurde zwar aufgehoben, dafür wurde er in die Psychiatrie eingewiesen.
Am 27.10. wurde der griechische Staatshaushalt mit einem Schuldenschnitt wieder regierbar; die Börse reagierte euphorisch, weil die Party nun weitergeht; die Bevölkerung nutzte den griechischen Nationalfeiertag am 28. zu zahlreichen Angriffen auf Promis, die ausgebuht oder gleich mit Zeug beworfen wurden, weil sich am Sparkurs natürlich nix ändert. Das steuerfreie Grundeinkommen wurde von 12000 auf mittlerweile 5000€ im Jahr gekürzt, Arbeitslosengeld gibt's nur ein Jahr und auch von vornherein nur auf Hartz IV-Niveau. Hilfsorganisationen schlagen bereits Alarm wegen unterernährten Kindern, immer mehr Leute haben keine Krankenversicherung. Auf der Peloponnes wütet bereits die Malaria und ist unter diesen Umständen auch nicht unter Kontrolle zu kriegen. In Thessaloniki haben am 7.11. Freiwillige eine "Solidaritätsapotheke" eröffnet, wo Freiwillige Kranke versorgen. In Athen gibt's sowas bereits seit dem 11.10. im Pikpa-Squat. So soll wenigstens eine Basis-Gesundheitsversorgung aufrechterhalten werden.

Die Revolutionsqualitätskontrolle

Krieg? Wir doch nicht!

Die Erosion der österreichischen Neutralität schreitet immer weiter fort; das Land ist zwar nicht in der Nato, aber dafür in der EU, und das kommt mittlerweile auf das Gleiche raus. Zur Zeit soll die neue Sicherheitsdoktrin durchs Parlament, die die Beteiligung der (bereits seit Anfang des Jahres einsatzbereiten) österreichischen Einheiten der EU-Battlegroups an Einsätzen außer- und innerhalb der EU regelt. Das Alles immer noch mit schönster Neutralitäts-Rhetorik, aber die Neutralität muss ja auch verteidigt werden und deswegen beteiligt sich Österreich "an der Sicherheitspolitik der EU in allen ihren Dimensionen", hält die Aufrüstungsverpflichtungen des Lissabon-Vertrags ein, beteiligt sich am "Anti-Terror-Krieg" (übrigens ohne dass in dem Papier einmal von UN-Mandaten die Rede ist, das darf demnach die EU allein entscheiden) und soll auch die "sicherheitspolitischen Auswirkungen der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise" bekämpfen – nachdem man die Euroschwäche nicht erschießen kann, geht das wohl eher in Richtung Aufstandsbekämpfung. Aber auch beim nächsten Kaukasus-Krieg könnte die EU mitmischen, da geht's ja schließlich auch um ihre Ölversorgung (entsprechende Überlegungen stammen aus österreichischen Militärkreisen).
Friedlich sollte ja eigentlich auch die Forschung sein, zumindest denken das viele Studierende. Die Uni Potsdam denkt was Anderes, die lässt sich aus dem militärischen Sektor sponsern, betreibt einen sicherheitspolitischen "Think-Tank", lässt die Bundeswehr im sozialwissenschaftlichen Bereich rumspinnen und bildet InformatikerInnen für Kriegsaufgaben aus. In der Nacht auf den 2.11. wurden deswegen einige Bereiche mit dem Warnhinweis "Krieg beginnt hier" gekennzeichnet. Auch das John-Lennon-Gymnasium in Berlin-Mitte beteiligte sich durch die Einladung eines Jugendoffiziers der Bundeswehr an der Militarisierung des Bildungssektors, die SchülerInnen zeigten allerdings mit Transpis und Flugblättern, dass der Schuss nach hinten losgegangen war.
Das Geschäft mit dem Krieg scheint auch unter der Krise zu leiden, oder vielleicht hat die Bundesregierung auch bloß wieder einen entsprechenden Auftrag von der Lobby erhalten, jedenfalls versucht sie laut Spiegel bei der EU-Kommission eine Lockerung von Waffenexportbestimmungen (insbesondere im Bereich der Dual-Use-Produkte, also der sowohl zivil als auch militärisch verwendbaren) zu erreichen, denn das ganze Geschwafel von Aufrüstung und Destabilisierung solle doch bitte die "Wirtschaftsbeziehungen mit neuen Gestaltungsmächten" nicht behindern.
Zur Zeit versucht die Bremer Lürssen-Werft, in Angola eine Rüstungsfabrik aufzubauen und dem Land eine Kriegsmarine aufzuschwätzen. Offiziell ist nur die Rede von ein paar Patrouillenbooten zur Piratenbekämpfung; jetzt müssen sie bloß noch die Piraten importieren, die haben zwar inzwischen einen erheblichen Aktionsradius, kommen aber immer noch aus Somalia und sind vor Ostafrika unterwegs, während Angola im Südwesten liegt. Merkel war letztens auf Besuch, die Marine wurde noch nicht verkauft, aber es ist absehbar, dass das demnächst trotzdem passiert.
Während in der südosttürkischen Region Van ein Erdbeben zahlreiche Häuser zerstört und Hunderte Menschen getötet hat, eskaliert die Gewalt zwischen Militär und kurdischen RebellInnen (HPG), wobei das Militär offenbar auch Chemiewaffen einsetzt. Da verkommt auch die Katastrophenhilfe zur Kriegswaffe; die geht vor allem in Gebiete, die brav die Regierungspartei AKP gewählt haben, während Bürgermeister, die Oppositionsparteien angehören, von der übergeordneten Verwaltung nicht mal angehört werden.
In Deutschland demonstrierten AnhängerInnen der beiden Lager, am 29.10. gingen KurdInnen gemeinsam mit türkischen Linken, Antifa und Linkspartei auf die Straße (400 in Göttingen, 300 in Kiel), tags darauf gab es eine ähnliche Kundgebung in München, die von 300 Grauen Wölfen (türkischen Faschos) angegriffen wurde; die Polizei hielt die Gruppen auseinander, aber am Abend gab es noch eine Sponti von 2500 Grauen Wölfen. In Bielefeld demonstrierten an diesem Tag 750 Leute für die türkische Regierung, darunter 250 Graue Wölfe, die ein kurdisches Kulturzentrum angreifen wollten; die Demo wurde in der Nähe des Zentrums hauptsächlich von KurdInnen gewaltsam gestoppt und daraufhin aufgelöst.
Am 8.11. wurde in Düsseldorf die Rheinmetall-Zentrale aus Protest gegen die Rüstungslieferungen dieses Konzerns an die Türkei und in andere Kriegsgebiete von 30 AntimilitaristInnen besetzt. Außerdem wurde bei der Bundesanwaltschaft eine schon länger vorbereitete Klage gegen mehrere amtierende und ehemalige Politiker der Türkei wegen Folter und anderer Verbrechen eingereicht. Und in Hamburg demonstrierten am 2.11. über 500 Leute für die Freilassung eines dort inhaftierten angeblichen PKK-Funktionärs und für die Abschaffung der §§ 129 a und b.

Netzwerk vaterlandsloser Gesellen

Justiz, Knast, Überwachung – nerven!

In Wallisellen (Kanton Zürich) wurde 2004 Claudio M. bei seiner Verhaftung zu Tode gebracht, weil drei Bullen auf ihm rumtrampelten, bis er erstickt war. Jetzt wurde eine Doku veröffentlicht, wie die Justiz mit dem Fall umgegangen ist – nämlich gar nicht. Das Institut für Rechtsmedizin erklärte den bis zur Festnahme kerngesunden Claudio für so krank, dass er praktisch von selber gestorben sein muss. Und die Staatsanwaltschaft ließ den Fall einfach liegen, ehe sie ihn schließlich einstellte. Ergebnis: für die überlange Verfahrensdauer und die erlittene persönliche Belastung wurden die Cops letztlich mit je 3.300 Franken entschädigt.
Vom dezentralen Protest gegen den G20-Gipfel in Cannes hat man nicht allzuviel gehört. In Freiburg demonstrierten 800 Leute unangemeldet. In Nizza gab's eine Großdemo, von der hier aber nur zu lesen war, dass drei Leute auf der Fahrt dorthin verhaftet wurden, weil in dem Auto, dessen Fahrer begeisterter Alpinist ist, Teile einer Kletterausrüstung herumlagen und die Polizei einen Eispickel für eine Waffe hielten. Weil Eispickel auf Französisch "piolet" heißt, wurde daraus in einigen Medien gleich die Meldung, die Demonstranten seien mit "Pistolen" bewaffnet unterwegs gewesen. Dazu wurden gleich noch die vollen Namen der drei veröffentlicht. Raus sind sie trotzdem noch nicht.
Der Anmelder der Karlsruher Maidemo 2010 ist am 25.10. wegen Auflagenverstößen zu 80 Tagessätzen verurteilt worden. Die Auflagen seien durch Verlesen lächerlich gemacht worden, und die vorzeitige Auflösung der Demo hat den Behörden auch nicht gepasst. Der geheime Justiz-Unterwanderungskreis der APPD ist somit dem Ziel des Verbots aller angemeldeten Demonstrationen wieder einen Schritt näher gekommen.
Die Geschichte um die teils mehrtägige Inhaftierung von AktivistInnen der Gießener Projektwerkstatt im Jahr 2006 wird immer abstruser, je länger die Betroffenen dagegen klagen und je mehr Akten sie dabei zu Tage fördern. Die Idee der Behörden war offenbar, die Leute bei einer Straftat zu erwischen; dazu wurden sie observiert, gleichzeitig wurden uniformierte Kräfte aus ihrem Blickfeld abgezogen. Tatsächlich kam es in der bewussten Nacht dann zu Sachbeschädigungen an der CDU-Zentrale, nur blöderweise wurden die Zielpersonen gleichzeitig an anderer Stelle beobachtet – sie spielten vor einem Knast Federball. Verhaftet wurden sie anschließend trotzdem, während die Leute, die die CDU demoliert hatten, zwar beobachtet, aber absichtlich laufengelassen wurden.
Die Justiz vor Ort mauerte zwar, doch das OLG ordnete jetzt wenigstens die Herausgabe einiger Akten an – und die belegen, dass die Information über das amtlich beobachtete Alibi der FederballspielerInnen absichtlich unterdrückt wurde, dass die Anweisungen dazu von ziemlich weit oben kamen und dass noch viel mehr Leute als bisher vermutet an diesem Komplott beteiligt waren. Eine Haftbeschwerde wurde dann auch noch mit Fleiß tagelang verschleppt und das alles hinterher als "Versehen" dargestellt. Und das Alles haben zwei fleißige Leute vom LKA auch haarklein ermittelt – bis ihnen das Verfahren von der Staatsanwaltschaft eingestellt wurde!
Der chaotische Hamburger Antifaschist Holger Halfmann hat für die öffentliche Zerstörung von NPD-Plakaten am 11.9.2009 jetzt einen Bußgeldbescheid bekommen.
Der venezolanische anarchistische Gewerkschafter Rubén González ist wieder mal verhaftet worden; nachdem es den Repressionsorganen das letzte Mal nicht gelungen ist, ihn für eine Streikaktion zu verknacken, lautet der Vorwurf diesmal auf "geistige Urheberschaft eines Tötungsdelikts".
Andrea vom Revolutionären Aufbau Schweiz ist am 8.11. vom Bundesstrafgericht in Bellinzona für Sachbeschädigungen an Staat und Kapital zu 17 Monaten Knast ohne Bewährung verurteilt worden. UnterstützerInnen beschweren sich über lückenhafte und teils sogar gefälschte Beweise und dass das Schweinesystem hier offensichtlich Leute vom Widerstand abschrecken wolle (Letzteres hat der Staatsanwalt so ähnlich auch gesagt). Freigesprochen wurden dagegen zwei Jugendliche, denen vorgeworfen wurde, vor zwei Jahren die UBS in Zürich koloriert zu haben; in der Nacht auf den 10.11. gab es auch gleich einen ähnlichen Angriff auf die UBS in Düsseldorf.
Vorläufig gerettet ist Hank Skinner, der für die Ermordung seiner Freundin und ihrer beiden Söhne 1993 (die er immer bestritten hat) am 9.11. in Texas hingerichtet werden sollte, obwohl die Untersuchung der Tatwaffen auf DNA-Spuren erst nächsten Februar erfolgen könnte. Für den DNA-Test hatte er zehn Jahre lang durch alle Instanzen geklagt und schließlich teilweise Recht bekommen. Das texanische Berufungsstrafgericht stoppte am 7.11. den Irrsinn, ihn vor der Prüfung seiner Schuld schnell noch umzubringen; allerdings hat er dadurch nur das Recht erhalten, auf Durchführung des Tests zu klagen und zu diesem Zweck vorläufig am Leben zu bleiben, gerettet ist also noch garnix.
Ebenfalls vorläufig gut ausgegangen ist der Fall von Mete Tuncer, einem linken Aktivisten aus der Türkei, der nach langer Haft nach Deutschland geflohen und dort Asyl gesucht hatte; der war auf Antrag der Türkei am 25.10. in Auslieferungshaft genommen worden. Es gab zahlreiche Proteste, am 1.11. demonstrierten vor dem Knast in Bochum 70 Leute, und tags darauf wurde er freigelassen. Der Auslieferungsantrag ist allerdings noch nicht vom Tisch.
In der Türkei ist seit dem 4.11. wieder ein Gefangener im Hungerstreik, und zwar der Anarchist und Veganer Osman Evcan im Isolationsknast von Kirikkale. Nachdem er sich selber bisher mit zugekauften Nahrungsmitteln ernährt und das Knastessen boykottiert hatte, versucht er nun, sein Recht auf gesundes Essen so durchzusetzen. Er beklagt außerdem, das Knastessen sei unhygienisch und immer wieder seien schädliche Substanzen zugesetzt worden.
Aus der JVA Kronach flohen zwei Häftlinge, die entdeckt hatten, dass man sich aus den Zellen durch die Deckenkonstruktion in den Dachboden durcharbeiten kann; die wurden allerdings schnell erwischt. Untergetaucht ist dagegen eine wegen Diebstahls inhaftierte Frau, die am 2.11. aus dem Knast in Hindelberg (Schweiz) getürmt ist. Bereits am 31.10. hatten sich in einem Genfer Knast 60 Gefangene mehrere Stunden lang geweigert, in ihre Zellen zurückzukehren. Sie protestierten gegen die Überfüllung der Anlage, statt der geplanten 270 Gefangenen sitzen dort fast 600.
In einem Sonderlager für tuberlosekranke Gefangene in Nishny Nowgorod beantwortete Ende Oktober das Personal Kritik an der mangelnden medizinischen Versorgung mit Gewalt; daraufhin gab es Radau, und schließlich schlitzten sich sieben Gefangene aus Protest die Adern auf. Angehörige versuchen jetzt, auf gerichtlichem Weg eine bessere Behandlung durchzusetzen.
Eine Auswertung der neuesten deutschen Knast-Statistiken hat übrigens ergeben, dass es etwas weniger Gefangene gibt, dass aber der Anteil von sehr hohen Haftstrafen und insbesondere der Sicherungsverwahrung deutlich zugenommen hat.
In München ist aufgeflogen, dass der im März mit 64 Jahren gestorbene linke Aktivist Günter K. in Wirklichkeit für die Stasi gearbeitet hat. Oder wie das in Bayern halt heißt. Jedenfalls hat er dem Verfassungsschutz detaillierte Berichte über Treffen, Aktivitäten und Persönliches abgeliefert. Nachdem er in der Münchner linken Szene jahrzehntelang ziemlich aktiv war, z. B. bei der VVN-BdA, und etliche Vertrauenspositionen (z. B. die Verwaltung diverser Solikassen) besetzt hatte, sind da ziemlich viele Leute ziemlich schockiert. Der Verfassungsschutz erklärte, selbstverständlich würde er nur extremistische Gruppierungen beobachten. Oder Gruppierungen, die mit denen zu tun haben.
Ein Leben nach der Spitzeltätigkeit hat dagegen Mark "Stone" Kennedy, der nach sieben Jahren enttarnt worden war. Der hat seinen Einsatz jetzt verfilmen lassen und tritt am 12.11. damit auf dem Kopenhagener Filmfestival auf. Betroffene aus der Klimaschutzbewegung sind ein bisschen fassungslos.
Besser erfasst werden sollen auch die Menschen in Moskau. Tausende von Kameras sollen nicht nur auf öffentlichen Plätzen, sondern auch auf Wohnhäusern installiert werden. Bisher stehen da schon viele Hundert, deren Aufnahmen werden aber nach zwölf Tagen gelöscht. Also soll da jetzt ein Mega-Server eingerichtet werden, der diese ganzen Daten sammelt und mehrere Jahre archiviert.
Und die Entlassung des anarchistischen Lehrers Andrej Kutusow wegen seiner Gesinnung wurde am 3.11. von einem Amtsgericht in Tjumen bestätigt.

Prozessgruppe

Entsorgungssorgen

Uppsala, Gorleben ist schon voll! Zumindest könnte man das meinen, wenn man vom zulässigen Grenzwert die aktuellen Strahlungswerte abzieht und dann die elf Castoren dazuzählt, die Ende November dazukommen sollen. Aber wozu haben wir eine Atomaufsicht? Die zieht von den Strahlungswerten noch einen Betrag als "Hintergrundstrahlung" ab. Der Haken: Diese "natürliche" Strahlung wurde gemessen, als schon die ersten 40 Castoren eingelagert waren. Die BI Umweltschutz fordert, den Transport abzusagen; einmal dürft Ihr raten, ob die Behörden drauf hören. Aber schon komisch, dass das für 420 Castoren genehmigte Lager schon mit den ersten 100 den Grenzwert erreicht hat.
Der Castortransport verspricht konfliktreich zu werden: Der Zeitplan für den Transport ist so ehrgeizig, dass die Castoren schon am 26.11. in Dannenberg eintreffen könnten, während dort noch die Großdemo dagegen läuft – die BI fürchtet eine Eskalation.
Aber vielleicht ist ja auch heuer die "Südblockade" wieder erfolgreich. Am Morgen des 25.11. gibt's in Berg in der Pfalz eine Demo gegen den Castor, anschließend ist irgendwo in der Umgebung eine Blockade geplant. Wer hinfährt, möge darauf achten, mobil zu sein (und am besten ein paar Fahrplätze mitbringen), in dem Aufruf ist die Rede von einem Aktionsradius von 50km. Auch in Frankreich gibt's Aktionen, in Valognes diesmal sogar mit Anti-Castor-Camp. Vor sieben Jahren wurde dort beim Versuch, einen Castor zu blockieren, Sébastien Briat vom Zug erfasst und getötet. Am Jahrestag gab es heuer in Lüneburg eine Gedenkkundgebung mit 100 Leuten am Bahnhof.
Wohin mit dem Müll? Das soll in Deutschland jetzt mal wieder ergebnisoffen geklärt werden, aber das Problem gibt's auch anderswo. Japan und USA suchen bereits ernsthaft in der Mongolei nach einem Atommülllager.
Anderswo werden sogar noch neue AKWs gebaut, z. B. plant Brasilien in Angra (150km südlich von Rio) einen dritten Reaktor. Und Atomausstiegs-Deutschland ist mit einer fetten Hermesbürgschaft von 1,3 Milliarden Euro dabei, mit denen Lieferungen des französischen Atomkonzerns Areva abgesichert werden sollen. Angra 3 ist auch in Brasilien umstritten, an dem Standort sind z. B. mehrere Hänge in Bewegung und liefern öfters mal Erdrutsche ab, die die Notstromversorgung lahmlegen oder Fluchtwege abschneiden könnten.
Und in Tschechien, Ungarn und Österreich ist gerade radioaktives Jod in der Luft gemessen worden, keine Ahnung, wo das herkommt, aber es ist bloß ganz wenig und auf jeden Fall harmlos.

Atom-Combo

Nazis, Polizei und Antifa

Für eine Rudolf-Hess-Gedenkaktion sind in Friedrichshafen Ende Oktober fünf Faschos wegen Volksverhetzung zu 90 bis 150 Tagessätzen verurteilt worden. Sie hatten im Stadtgebiet Holzkreuze verteilt und Transpis aufgehängt. Und es hat sich nicht mal rentiert, die Außenwirkung war auch nach Selbsteinschätzung gleich null, weil die Cops Bescheid wussten und das Zeug gleich wieder eingesammelt hatten.
Besser funktioniert die Kooperation zwischen Nazis und Cops zur Zeit in Moskau: Auf Anregung des Führers der Neonaziorganisation "Swetlaja Rus" führten die Bullen am 10.11. eine Razzia gegen TadschikInnen durch. Der Leiter des Bundesmigrationsdienstes erklärte dazu, dass der Tadschike an sich eben mehr als Andere dazu neige, das Gesetz zu brechen. Da sind sich wohl welche einig gewesen. Verhaftet wurden 30 Leute mit unzureichenden Aufenthaltspapieren, übrigens mehrheitlich KirgisInnen. Eine exiltadschikische Organisation beschwerte sich allerdings, dass TadschikInnen keine Arbeitserlaubnisse mehr bekämen.
Am 29.10. demonstrierten in Bochum-Langendreer über 1200 Leute gegen Naziübergriffe; war leider nötig. In Neuruppin waren's am 3.11. leider bloß 50-70 Leute, drum traut sich da anscheinend dieses Wochenende der NPD-Parteitag hin. In Kiel hingegen reichten ähnlich viele Leute aus, um ein "Zeitzeugengespräch" mit nem netten Nazionkel von der Wehrmacht bei der Burschenschaft Teutonia ausfallen zu lassen.
Gar nicht faschistisch, sondern vollkommen unpolitisch ist die Hool-Band Kategorie C und deswegen lässt sie sich ihre Gigs auch abwechselnd von der NPD und dem "Nationalen Widerstand" organisieren. Aber die NPD ist ja auch gar nicht so rechts, z. B. hat das sächsische Verwaltungsgericht jetzt rausgefunden, dass das Gelaber ihrer Abgeordneten im Landtag von "Asylschmarotzern" und "Volksverrätern" gar keine Volksverhetzung ist, sondern bloß ein bisschen pointiert ausgedrückt (und der Landtagspräsident soll sich nicht so haben).
Auch noch interessant wird vermutlich die Geschichte der beiden erschossenen Faschos in Eisenach, deren Wohnung zwei Tage später durch eine Gasexplosion zerstört wurde, die verschiedener Banküberfälle verdächtigt wurden und die Waffen einer 2007 in Heilbronn erschossenen Polizistin dabeihatten. Die Vorstellung, dass da irgendwelche schwerbewaffneten Nazis unterwegs sind, ist ja eigentlich nicht gerade beruhigend, auch wenn sich Eure Sympathie für Banken und Polizistinnen möglicherweise in Grenzen hält.
In Russland haben zum Nationalfeiertag am 4.11. wieder zahlreiche "russische Märsche" stattgefunden. In Moskau beteiligten sich trotz eines Verbots über 5000 Leute an einem von nationalistischen Gruppen organisierten Aufmarsch mit Nazifahnen und Sieg-Heil-Rufen. Anschließend machten Faschoglatzen noch Jagd auf Nicht-Weiße. Die putintreue Jugendorganisation Naschi veranstaltete ebenfalls einen Aufmarsch, der ein bisschen mehr Respekt für Russlands kulturelle Vielfalt zeigen sollte und angeblich 15.000 Leute anzog. Ansonsten waren die russischen Märsche kleiner als auch schon, in St. Petersburg waren es 2000 Leute und in anderen Städten maximal ein paar Hundert. Antifaschistische Störungen gab es kaum, abgesehen von Transpis, die im Vorfeld an den Aufmarschstrecken aufgehängt wurden. In Moskau kamen immerhin 400 Leute auf eine Antifa-Kundgebung. Und in Ulan-Ude wurden wieder mal zwei Menschenrechtlerinnen wegen des Verteilens von Flugblättern gegen die Unterdrückung verhaftet.
Gegen eine Geldauflage (2500€) eingestellt wurde am 7.11. das Verfahren gegen einen Nazi-Busfahrer, der nach einer gescheiterten Pro-NRW-Aktion in Gütersloh versucht hatte, eine Gruppe Antifas über den Haufen zu fahren.
Am 9.11. war der 73. Jahrestag der Reichspogromnacht, pünktlich dazu wurde morgens um sechs die Fassade des Falkenheims (Haus der DKP-Jugend) in Berlin-Neukölln angezündet; das Haus hatte am Sommeranfang schon mal gebrannt und die Renovierungsarbeiten waren fast abgeschlossen. In Hamburg wurde eine Gedenkveranstaltung von einem bekannten Ex-DVU-Funktionär gestört, zuletzt noch mit Hilfe der Bullen. In Dresden gab es eine 6-stündige Mahnwache in einer Einkaufsstraße, bei der die Namen der Deportierten verlesen wurden. Faschokommentare gab's auch.
Auch in unserer Gegend gab es eine kleine Antifa-Demo, und zwar in Dornbirn, wo 50 Leute (hauptsächlich von der SJ) gegen Antisemitismus, Faschismus, Rassismus und FPÖ demonstrierten. Das Polizeiaufgebot war offensichtlich auf eine deutlich größere Demo ausgelegt, es war sogar eine Hundestaffel am Start. Aus einiger Entfernung wurde die Aktion von sechs Nazis und einem Hund begleitet, über Zusammenstöße war bis Redaktionsschluss noch nichts bekannt.
Einen Tag später gedachten in Köln mehrere Hundert Leute der Ermordung von 13 Edelweißpiraten 1944.
Am 13. ist dann Volkstrauertag, die Nazis werden wieder an vielen Orten versuchen, irgendwelchen NS- und kriegsverherrlichenden Scheiß durchzuziehen (meistens schon am Samstag, weil sie am Sonntag mehr oder weniger Demonstrationsverbot haben). So sind Pläne für einen Aufmarsch in Wunsiedel bekannt geworden. Eine Pinneberger Kirchgemeinde versucht's mit einem Friedhofs-Hausverbot gegen einen Nazi.

AK Antifa

Nicht abschieben!

Im Block 10 des Zentralgefängnisses von Zypern sind am 24.10. 52 der 65 Insassen in den Hungerstreik getreten. Es handelt sich um internierte Migranten, die so gegen zahlreiche Verletzungen ihrer Rechte protestierten – vor allem, dass sie weit länger in Haft bleiben als die gesetzlich erlaubten sechs Monate. Der Hungerstreik wurde begleitet von mehreren spektakulären Selbstverletzungen und Selbstmordversuchen; bald wurden die ersten Beteiligten in kritischem Zustand ins Krankenhaus eingeliefert. Am 1.11. schlossen sich auch 15 Migranten im Gefängnis von Lakatameia an, es kam zu einer Spontandemo vor dem Knast; am 3. sagte die Regierung die Erfüllung einiger Forderungen innerhalb von einer Woche zu, so dass der Streik beendet wurde.
Im griechischen Internierungslager Amygdaleza zündeten in der Nacht auf den 6.11. vermutlich minderjährige Migranten Betten und Matratzen an, sieben landeten im Krankenhaus.
Proteste gibt's auch wieder im Lager Bramsche-Hesepe in Norddeutschland. Die BewohnerInnen veranstalteten eine Pressekonferenz über die Zustände in der Unterkunft, außerdem demonstrierten 50 BewohnerInnen für ein Leben in Würde.
Bei der Abschiebung wurde im März 2010 Abubakar Awudu Suraj aus Ghana, der über 20 Jahre in Japan gelebt hatte und mit einer Einheimischen verheiratet war, von der Polizei mit der Kombination aus Fesselung, Knebelung und Zwangshaltung (niedergedrückter Oberkörper) getötet; seine Frau versucht eine Anklage gegen die Täter durchzubringen, bisher allerdings ohne Erfolg. Sie musste erst mal ein Jahr lang prozessieren, um überhaupt Akteneinsicht zu bekommen. Die Behörden versuchen jetzt, Suraj einen Herzfehler anzuhängen, um irgendwie um die Tatsache seines Erstickungstodes herumzukommen.
Ein vorläufiges Bleiberecht hat sich dagegen ein junger Somalier erstritten, der in Beverstedt bei Cuxhaven die letzten sechs Wochen im Kirchenasyl verbracht hatte. Er hätte laut Dublin-Abkommen nach Malta abgeschoben werden sollen, die Frist dafür hat er in der Kirche sozusagen ausgesessen. Auf Malta war er nach seiner Ankunft aus Libyen bereits acht Monate im Gefängnis.

AK Flucht & Migration

Das Recht auf Wohnraum

Der Kampf um das mittlerweile geräumte und abgerissene Kukutza in Bilbao ist noch nicht zu Ende. Solidarische Nachbarn ärgern erst mal die Baufirma mit Anzeigen, weil die sich nicht an die Auflagen hält, Schäden an ihren Häusern verursacht hat und den Schutt nicht trennt. Natürlich wird weiter für ein Ersatzobjekt gekämpft. In Barcelona ist schon mal ein neues Haus besetzt worden, genauer gesagt, das Schlösschen in Les Planes, das schon seit 100 Jahren fast durchgehend leersteht (und vor elf Jahren auch schon mal besetzt und geräumt worden war).
Wegen der Anfang Februar geräumten Liebig 14 in Berlin laufen jetzt die ersten Prozesse an. Für eine im Haus aufgegriffene Person gab es am 2.11. einen Freispruch; auch die Staatsanwaltschaft musste anerkennen, dass der Räumungsbefehl gar nicht gültig war, weil sich dieser nicht gegen die tatsächlichen BewohnerInnen richtete, sondern gegen die offiziellen MieterInnen, und dass erstere sich deswegen rechtmäßig im Haus aufhielten.
Bedroht ist auch wieder das AZ Köln. Das hat zwar inzwischen einen eigentlich unbefristeten Vertrag, im laufenden Bebauungsplanverfahren für das Gebiet soll seine Fläche aber kurzerhand für Parkplätze und einen Grünstreifen umgewidmet werden. Ist doch viel hübscher.
Und schon wieder geräumt ist die Lindengasse 60 in Wien, die drei Wochen lang besetzt war; es gab zahlreiche kleine Solidemos in der Stadt, von denen mindestens zwei in Polizeikesseln endeten.
Neun Berliner Initiativen haben der Stadtregierung ein Dossier mit ausführlichen Fallbeispielen zum Thema krasse Mietsteigerungen und Verdrängung von BewohnerInnen übergeben, um das zu zeigen, dass das ganze Gentrifizierungsthema nicht bloß ein linkes Hirngespinst, sondern ein reales Problem ist; sie forderten die Koalition auf, in 100 Tagen ein Programm zur Lösung zu erarbeiten. In Hamburg haben am 29.10. über 5000 Leute an der "Miete nervt"-Demo für die Vergesellschaftung von Wohnraum, gegen Gentrifizierung und Räumungen teilgenommen. Die Cops wollten die Demo aufteilen, weil sie ihnen zu groß war, wurden aber abgewiesen und ansonsten war's friedlich.
Weniger friedlich ist mittlerweile die Stimmung um den räumungsbedrohten Hamburger Wagenplatz Zomia, da immer offensichtlicher wird, dass die Verhandlungsangebote nicht so ganz ernst gemeint waren. Am 5.11. demonstrierten über 3000 Leute (und 20 Karren) für den Erhalt des Platzes; diese Demo hatte ein bisschen mehr Ärger, es gab Polizeiübergriffe (u. a. auf einen Journalisten), die Demo wurde vorzeitig aufgelöst und sieben Leute wurden vorübergehend festgenommen. Angeblich war die vorzeitige Auflösung von der Polizei geplant worden, in der Nähe des Ortes des Demoabbruchs war nämlich schon im Vorfeld eine Verpflegungsstation für die Cops eingerichtet worden. Am 7.11. lehnte das Verwaltungsgericht dann einen Eilantrag gegen die Räumung ab, d. h. da wird's jetzt dann wohl bald ernst, auch wenn noch Widerspruch eingelegt werden kann. In der folgenden Nacht gab es in Berlin noch eine Sponti mit 60 Leuten für Zomia und den Berliner Linienhof.
Der arme Hamburger Bezirksamtsleiter Schreiber beschwert sich übrigens in einem Rundbrief an seine MitarbeiterInnen über die negativen öffentlichen Reaktionen auf seine Tätigkeit, die ihm zuletzt noch eine Demo zu seinem Bezirksamt eingebrockt hat. Vielleicht tritt er ja bald mal ab.
Auch der Leipziger Stadtteil Connewitz wird immer schicker und teurer. Durch gezielte "Degentrifizierungsmaßnahmen" (hauptsächlich mit viel Farbe) konnte eine Sanierungsfirma schon vergrault werden, und es reift in der Bevölkerung offenbar das Bewusstsein für die Notwendigkeit solcher "Abwertungsmaßnahmen". Andererseits schläft auch die Gegenseite nicht, und es werden immer mal wieder Leute beim Sprayen etc. erwischt, teils auch von Privatwachteln.
In Jekaterinburg gehen die Proteste von HäuslebauerInnen weiter, die von einer Baufirma abgezogen wurden und nun größtenteils pleite sind und in Bauruinen wohnen. Die Vorsitzenden, das Ehepaar Krindatsch, wurde am 2.11. im Eingang ihrer Bauruine von drei Vermummten zusammengeschlagen und schwer verletzt; am 11. ist trotzdem die nächste Demo. Es wird vermutet, dass die Firma mit den Behörden zusammenarbeitet und sich da einige PolitikerInnen eine goldene Nase verdient haben, denen gehen die andauernden Proteste natürlich gehörig auf den Keks.

AK Bauen & Besetzen

Meldungen

Die Deutsche Bank und BNP Paribas haben sich jetzt doch noch entschieden, dem Lukaschenko-Regime in Weißrussland kein Geld mehr zu besorgen. Die Royal Bank of Scotland war schon im August ausgestiegen. Jetzt kann Weißrussland seine Staatsanleihen bloß noch über die russische Sberbank unters Volk bringen.
Der Anares-Buchversand ist immer noch am Ausverkaufen, inzwischen hat er damit immerhin genug Umsatz, um das innerhalb von Deutschland versandkostenfrei zu machen. Den ganzen Laden hat noch niemand übernommen, vielleicht hat jemand von Euch Bock? Ansonsten ist am 31.12. einfach Schluss.
Am 27.10. hat's in einem Elektroraum der Weltorganisation für geistiges Eigentum in Genf gebrannt. Gründe gäb's genug, aber nachdem uns immer noch kein Bekennerschreiben erreicht hat, waren's wohl doch elektrische Gründe.
Die Autobahn durch den Wald von Chimki bei Moskau soll aufgrund der Proteste gegen die Abholzung nur vier statt acht Spuren bekommen, so dass sie nur noch 26 Meter breit wäre. Die Proteste gehen trotzdem weiter, erstens fällt die Baufirma trotzdem eine hundert Meter breite Schneise, und zweitens gäbe es jede Menge Alternativtrassen, bei denen der Wald stehenbleiben könnte.
Das könnte sogar in Ruhe geprüft werden, ohne dass der Bau der Autobahn insgesamt verzögert würde, denn das zeitaufwändigste sind die Anschlüsse an die bestehende Autobahn am Anfang und Ende, für die mindestens drei Jahre Bauzeit veranschlagt werden; die Trasse zwischen diesen beiden Punkten kann in weniger als zwei Jahren gebaut werden, müsste also erst ein Jahr nach Beginn der Anschlussbauten in Angriff genommen werden. Stattdessen wird jetzt nur an der Trasse gebaut, während an den Anschlüssen noch überhaupt nichts passiert. Da geht's also offensichtlich vor Allem darum, die Trasse durch den Wald zu zementieren und dem Widerstand eins auszuwischen, während die Lösung irgendwelcher Verkehrsprobleme den Behörden reichlich wurscht ist.
Eine Untersuchung der ETH Zürich auf der Basis der Besitzverhältnisse von 37 Millionen Firmen hat ergeben, dass die meisten dieser Besitzverhältnisse bei 147 Unternehmen enden; die größten sind übrigens fast nur Banken. Auf wieviele Personen sich diese Macht dann noch konzentriert, wurde nicht untersucht.
Am 29.10. gab's in Kiel eine Aktion der FAU gegen Leiharbeit auf der "Jobmesse". Zunächst mal wurde "undercover" das Gelände erkundet und ein bisschen Informationsmaterial unters Volk gebracht. Neben elf (!) Leiharbeitsfirmen fiel noch die Bundeswehr auf, an deren Stand man sogar Gasmasken anprobieren durfte. Dann sorgten die FAUistas laut Saalschutz noch ein bisschen für "Tumult", ehe sie sich draußen am Eingang zu einer Kundgebung versammelten und dort weiter ankommende BesucherInnen aufklärten.
Am 5.11. fand in Nürnberg mal wieder eine Aktion für Sozialtickets und andere wichtige Sachen statt. Ca. 20 AktivistInnen trugen Schilder mit großen Buchstaben durch die Stadt und formten daraus an markanten Punkten ihre Parolen.

Von der Wall Street zurück nach Europa

Inspiriert von den überall in den USA aufsprießenden Protestcamps im Gefolge von "Occupy Wall Street" beteiligten sich am 15.10. weltweit Hunderttausende oder auch eine Million an einem antikapitalistischen Aktionstag, 200.000 allein in Rom, wobei es ziemlich gekracht hat; die Staatsmacht bedankte sich mit Großrazzien gegen AnarchistInnen am folgenden Montagmorgen und präsentierte dann noch supergeheime strategische Äußerungen der autonomen Kommandoebene. Demzufolge hatten Autonome in Griechenland in Schwarzer-Block-Trainingscamp die Methoden der dortigen GenossInnen gelernt, diese dann im Val di Susa bei den No-TAV-Protesten ausprobiert und für die italienischen Verhältnisse perfektioniert.
Die TAV-Schnellbahntrasse durch ein unberührtes Alpental bei Turin ist sozusagen das italienische Stuttgart 21 und entsprechend verhasst bei der Bevölkerung. Da dort selbst der gewaltfreieste Widerstand gnadenlos mit Knüppeln und Gas niedergemacht wird, kommen die Einheimischen eigentlich auch ohne griechische Entwicklungshilfe auf konfrontativere Gedanken. Aber wenn man den großen Nebelwerfer eh schon mal angeworfen hat...
Die Proteste in Rom waren deswegen so groß und wütend, weil der italienische Staat sich inzwischen ebenfalls ganz gut in die Schuldenklemme manövriert hat, während Berlusconi nur die eine Sorge hat, dass er auf jeden Fall an der Macht bleiben muss, weil er ansonsten ratzfatz vor Gericht und vielleicht irgendwann sogar wirklich im Bau landet. Da kommt der Krawall gerade recht – und falls Ihr Euch mal ein bisschen mit Genua 2001 befasst habt, wisst Ihr ja, dass den zur Not die Polizei auch selber macht.
Von den bei der Razzia Festgenommenen hat man seither bis Redaktionsschluss nichts mehr gehört, was gewöhnlich ein gutes Zeichen ist; wenn's niemand für nötig gehalten hat, Soli-Aufrufe zu starten, sind sie wahrscheinlich gleich nach Verlesung der Presseerklärungen wieder freigelassen worden, weil die Bullen nicht wussten, was sie der Haftrichterin eigentlich erzählen sollten.
In Porto demonstrierten -zigtausende, in Zürich protestierten 1000 Leute auf dem Paradeplatz, von denen 40 zum Zelten blieben und am Montagmorgen auf Anregung der Polizei weggingen. Die Zeit für revolutionäre Massenaktionen war in Russland noch nicht reif, aber immerhin wehte in St. Petersburg am 18.10. für drei Stunden über einem Verwaltungsgebäude der Hein, nachdem dort acht PiratInnen bereits am 16. die Aurora (ehemals Kriegsschiff und Revolutionsschauplatz, heute Revolutionsmuseum) gekapert, den Jolly Roger gehisst und der trotz Wind und Regen versammelten Menge und den Bullen, die sie fünf Stunden lang nicht aus der Takelage bekamen, ihre revolutionären Forderungen in Form eines Transpis und zahlreicher spontaner Ansprachen verkündeten. Die acht bekamen Geld- und Haftstrafen (Ordnungshaft, geht nur max. 14 Tage); die Verantwortung für die Aktion konnte nicht geklärt werden, da sie von zwei verschiedenen Organisationen gleichzeitig übernommen wurde.
Auch in Deutschland waren über 40.000 Leute in über 50 Städten auf der Straße. Die größten Aktionen waren in Frankfurt (8000) und Berlin (10.000), wo die Demo spontan die vorgegebene Route verließ, zum Reichstag zog und die Wiese davor besetzte. Allerdings sind daraus nur an wenigen Orten dauerhafte Sachen entstanden, von revolutionären Platzbesetzungen ganz zu schweigen. In Rav war was angekündigt, hat sich aber bis Redaktionsschluss nicht gemeldet. In Augsburg waren ca. 500 Leute auf dem Rathausplatz, die sich aber schon nach wenigen Stunden zerstreuten, weil auf dem Podium nur noch die üblichen Spinner von der Vitaminverschwörung bis zum Reichsverweser laberten. 250 Leute demonstrierten in Karlsruhe zu sehr radikalen Inhalten, besetzten aber anscheinend nix, in Erfurt waren es bloß 80.
In Leipzig, Magdeburg, Rostock und Hamburg campen ein paar Leute an wechselnden Orten, begleitend kommt es praktisch täglich zu Demos und Versammlungen; in Frankfurt zelten ca. 100 vor der EZB (mit Duldung bis zum 29.10.); in Berlin gibt's eine tägliche Versammlung von jeweils mehreren hundert Leuten vor dem Reichstag, die jedoch gerade für illegal (weil innerhalb der "Bannmeile" gelegen) erklärt wurde; ist noch nicht so ganz klar, ob die jetzt einfach 100 Meter weiter ihre "asambleas" abhalten oder sich was Verbotenes trauen. Das Campen wurde dort bisher schon nicht geduldet, allerdings haben in manchen Nächten mehrere Dutzend frierende Leute ohne Zelte und Schlafsäcke durchgehalten.
In puncto Radikalität war wie immer Griechenland ganz vorne, dort fand am 19. und 20. ein Generalstreik gegen das Sparpaket statt. Hässliche Szenen gab's in Athen, als die Demo mit 100.000 (oder auch viel mehr) Leuten zum Parlament kam und Schlägertrupps der PAME (der KP nahestehende Gewerkschaft) sie noch vor den Bullenabsperrungen gewaltsam auf Abstand hielten. Nach offizieller Lesart haben sie damit das Parlament blockiert. Blöderweise waren die Abgeordneten schon drin und haben das Sparpaket trotzdem beschlossen, während sich draußen AnarchistInnen und AnhängerInnen der "Bezahlt wird nicht"-Bewegung eine wüste Straßenschlacht mit der besser ausgerüsteten PAME lieferten, die noch dazu die Unterstützung der Cops hatte. Ein PAME-Aktivist erlitt am Rande offenbar unter dem Einfluss von Tränengas (das von der Polizei eingesetzt wurde) einen Herzinfarkt. Die AnarchistInnen sind sauer und auch viele KommunistInnen sind von dieser Aktion nicht begeistert.
Unterdessen ist der Zinssatz für griechische Staatsanleihen trotz Sparpaket auf 94% gestiegen, die natürlich keine Sau mehr zahlen kann (Deutschland zahlt nicht mal 0,6%). Deutsch gesagt, der Staat ist pleite. Seine Schulden werden jetzt aber nicht einfach komplett gestrichen, sondern nur gerade soviel, dass er nicht ganz untergeht – und weiterhin am Rande des ökonomischen Abgrunds zu weiteren Privatisierungen und allen möglichen sozialen Grausamkeiten gezwungen werden kann. So können sich "Investoren" die griechischen Staatsbetriebe unter den Nagel reißen und kriegen die Belegschaft noch als rechtlose BilligsklavInnen mitgeliefert.
Letzten Samstag, am 22.10., gab es den Versuch, die Bewegung erneut auszuweiten. In den Städten mit Besetzungen fanden sowieso immer wieder Demos statt. Richtig große Aktionen gab es diesmal nicht, dafür erreichte der Widerstand neue Orte; in Kiel demonstrierten 300, im tschechischen Pilsen 200, und selbst in Moskau stürmten 20 Leute mit Fahnen, Feuerwerk und antikapitalistischen Parolen durch die Straßen.
Und nun noch die Anleitung zum Selbermachen, bzw. die Erklärung, was das Ganze soll. Die Idee mit den Platzbesetzungen stammt aus der arabischen Revolution. Damit soll ein sichtbarer Anlaufpunkt im öffentlichen Raum geschaffen werden (wie z. B. am Tahrir-Platz in Kairo), wo Menschen, die mit der Situation nicht mehr einverstanden sind, ihre Lage diskutieren können, um Andere zu finden, denen es ähnlich geht. Gemeinsam können sie dann Lösungen entwickeln oder wenigstens verstehen, was überhaupt abgeht. Kern der ganzen Sache ist also die "Asamblea", die Versammlung, auf der Alle gleichberechtigt miteinander reden können. Daraus ergeben sich dann Forderungen an irgendwelche Institutionen oder eigene Aktionsideen, und idealerweise kommen genug Menschen und Ideen zusammen, dass am Schluss die Regierung stürzt und nicht bloß durch eine andere ersetzt wird, die ein bisschen besser schwätzen kann.

Revolutionsqualitätskontrolle

Faschostress

Aus Bregenz wird gemeldet, dass es am 11.10. zu einem rassistischen Übergriff von zwei Faschos auf einen schwarzen Passanten kam, die Polizei griff allerdings ein. Ob das für die Angreifer Folgen hat, kommt noch auf.
Am 15.10. wollte die Faschopartei "Die Republikaner", die schon fast so tot ist wie ihr großer Führer Schönhuber, in München eine bundesweite Großdemo veranstalten. Es kamen 25 Hanseln und dreimal soviel Antifas, außer Polizeischikanen gegen Punks gab's keine Zwischenfälle.
In Malmö fand am 15.10. ein Faschoaufmarsch ("Schwedendemokraten") statt. Die 100 Nazis mussten von der Polizei vor bis zu 1000 GegendemonstrantInnen beschützt werden. Und der schwedische Ableger des Hetzblogs "Politically Incorrect" (der meistens auch "sachlich falsch" heißen könnte) macht dicht, angeblich wegen kein Bock mehr. Da hat wohl der Massenmord von Oslo und Utoya auch die Stimmung ein wenig verdorben. Die NPD Krefeld dagegen macht auf ihrer Facebookseite munter Stimmung für einen Lynchmord.
Der "Russische Marsch" in Moskau zum Nationalfeiertag am 4.11., der Neonazis in den letzten Jahren immer wieder als Podium diente, ist dieses Jahr verboten worden. In vielen anderen Städten sind aber weiter solche Märsche geplant, und auch in Moskau wollen die Faschos trotzdem auflaufen. Außerdem gab es schon letztes Wochenende zahlreiche rechtsradikale Kundgebungen. Organisierte Nazis rufen dazu auf, Waffen zu besorgen.
In und um Bialystok (Nordostpolen) kam es in letzter Zeit immer wieder zu nationalistischen Aktionen und Übergriffen gegen die litauische, jüdische und muslimische Minderheit. Gleichzeitig wurden vier Antifas für einen Konflikt mit Nazis auf einer Demo verurteilt. 100 Leute aus dem bürgerlichen Spektrum wollten dagegen protestieren, ihre Aktion wurde aber von 50 Nazis gestört, die sich unter die Menge mischten.
In Plauen gab's Mitte Oktober eine koordinierte Aktion von Polizei und TürsteherInnen, offensichtlich zur Vertreibung von AsylbewerberInnen aus der Innenstadt. Mehrere Flüchtlinge wurden von "Securitys" angegriffen und verletzt, die Polizei weigerte sich, einzuschreiten, jagte schließlich selber MigrantInnen, wobei zwei wegen "Landfriedensbruch" verhaftet wurden, rockerte tags darauf noch in die Flüchtlingsunterkunft und legte eine Fotokartei aller Anwesenden an.
Die Aktionen gegen Roma im tschechischen Varnsdorf gehen weiter, allerdings formiert sich langsam solidarische Unterstützung, auch aus der sächsischen Nachbarschaft. Statt Krawall organisieren da jetzt ein paar Hippies Kinderfeste mit Kleider- und Spielzeugspenden. Vielleicht hilft's ja.
Falls Ihr eine tolle Idee zur Bekämpfung des Linksextremismus habt, könnt Ihr Euch noch bis 13.11. beim Bundesfamilienministerium um eine von zwanzig 500€-Prämien bewerben. Ministerin Schröder will "das Engagement der Jugendlichen für die Demokratie stärken und die kritische Auseinandersetzung mit antidemokratischen, linksextremistischen Ideologien fördern." Der Verein gegen Idiotie im Staatsdienst lädt zur kreativen Teilnahme ein, empfiehlt aber, die Kohle lieber nicht einzustecken, sondern die Öffentlichkeit an dem Spaß teilhaben zu lassen.
Das "Freie Netz Süd" scheint sich ebenfalls für den Preis zu interessieren und hetzt gegen ein angeblich linksextremistisches Jugendzentrum in Langenzenn. Und in Gelsenkirchen wurde das Haus der DKP-Jugend (Falkenhaus) von Nazis mit Hakenkreuzen beschmiert, ebenso wie ein paar Autos im Umfeld. Dafür ist das rechtsextremistische Zentrum O8 in Leipzig angeblich Geschichte, der Mietvertrag sei nicht verlängert worden und die Faschos hätten schon Anfang Oktober rausmüssen. Gibt aber auch gegenteilige Gerüchte und drinnen nachgeschaut hat scheint's noch niemand.
Ein Mitglied der Kameradschaft Moers-Rheinberg hat sich dabei filmen lassen, wie es mit einer geklauten EC-Karte Geld von einem Automaten abhob; um die Fahndung zu erleichtern, trug es dabei auch noch ein T-Hemd seines Vereins. Der Vorfall ereignete sich bereits am 2.8., die Polizei veröffentlichte das peinliche Foto aber erst jetzt.

AK Antifa

Der Unterdrückung widerstehen

In Indonesien sitzt ein Bauer namens Tukijo wegen einer Parole auf einer Demo im Knast. Aus Protest wurde in Sleman (Yogyakarta) ein Bankomat der Bank Rakyat Indonesia angezündet, worauf es eine Explosion gab und das ganze Gebäude einstürzte. Die Bank ist an Projekten beteiligt, die die Lebensgrundlage von Leuten wie Tukijo bedrohen. Wegen des Anschlags wurden inzwischen drei Leute verhaftet, ein weiterer ist auf der Flucht. Anarchistische Gruppen rufen zu Solidarität auf.
Hank Skinner, Todeskandidat in Livingston (Texas), hat eine Chance bekommen, seine Unschuld zu beweisen. An den Beweisstücken sollen nächsten Februar endlich die DNA-Tests vorgenommen werden, die er seit elf Jahren fordert. Das Blöde ist nur, dass er am 9.11. schon seinen Hinrichtungstermin hat. Der wurde ein paar Tage vor Inkrafttreten eines neuen Gesetzes über DNA-Tests unterzeichnet. Mal schauen, ob die Bürokratie das noch in die richtige Reihenfolge kriegt.
Dafür ist die Hinrichtung von Mumia Abu Jamal diesmal scheint's wirklich vom Tisch. Der Supreme Court lehnte einen entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft am 11.10. ab, weil die Strafmaßfindung verfassungswidrig gewesen sei. Wenn die Staatsanwaltschaft jetzt noch ein Todesurteil will, müsste sie die Strafmaßfindung wiederholen lassen, und das geht nur mit einer neuen Beweisaufnahme, die sie bisher scheut wie der Teufel das Weihwasser.
Der Hungerstreik in Pelican Bay ist nach drei Wochen wieder mal beendet, nachdem eine Überprüfung ihrer Fälle (und damit der Isolationsmaßnahmen) angeordnet wurde. In Calipatria und Salinas Valley streiken aber Hunderte weiter. Sie wollen, dass ihre Forderungen für alle Gefangenen in ganz Kalifornien durchgesetzt werden.
Im Frauenknast von Theben (Griechenland) sind zwei Immigrantinnen im Hungerstreik. Sie haben sich als Zellengenossinnen kennen und lieben gelernt, wurden getrennt und fordern nichts weiter als eine gemeinsame Zelle.
Nach Deutschland: Der Ex-RZ-Terrorist Christian G. hat wegen seines Gesundheitszustands Haftverschonung bekommen. Seine Genossin Sonja S. sitzt weiter. Und im Frauenknast JVA Frankfurt III, Obere Kreuzäckerstr. 4, 60435 Frankfurt sitzt noch bis Weihnachten die Castorblockiererin Franziska Wittig, die sich über Post und Briefmarken freut, ihre verweigerte Geldstrafe ab.
In der Nacht auf den 15.10. wurde in Berlin-Mitte ein 20-jähriger von zwei Männern vor einem Bierzelt schwer verletzt; außerdem wurden zwei Personen, die eingreifen wollten, ebenfalls verletzt. Wie sich herausstellte, waren die Täter zwei betrunkene Polizisten außer Dienst. Die Mordkommission ermittelte wegen gefährlicher Körperverletzung. Und weil eine Krähe bekanntlich jeder anderen alle verfügbaren Augen aushackt, wenn das zur Vollstreckung der Gerechtigkeit notwendig sein sollte, wurden die beiden nach der Vernehmung freigelassen – "Ein Tatverdacht liegt bei ihnen nicht mehr vor", hieß es.
In Belgien schimpft die Öffentlichkeit auf einen Polizisten, der am 12.10. eine sitzende, gefesselte Frau zusammentrat. Die Griechin war als Teil der Protestbewegung von Madrid bis Brüssel gewandert und hatte dort an einer Protestaktion gegen die Bank Dexia teilgenommen.
Und dass ägyptische Cops am Anfang der Revolution dort einen Blogger vor einem Internetcafé totgeprügelt haben, war laut Gericht kein Mord und kein Totschlag, sondern bloß eine schwere Misshandlung. Reicht immerhin noch für sieben Jahre.
In Stuttgart gab's wegen der Nazi-Blockade in Dresden Mitte Oktober nochmal eine Hausdurchsuchung, und mindestens 15 Leute aus der Region erhielten Vorladungen zu Vernehmung, ED-Behandlung oder DNA-Proben. Mal wieder viel zu tun für Rechtsberatung und Rote Hilfe. Auch in Berlin wurden in dieser Sache zwei Häuser durchsucht.
Wegen Aktionen gegen den Naziaufmarsch am 1. Mai in Heilbronn laufen zur Zeit Prozesse gegen Antifas wegen Beamtenbeleidigung, Widerstand und dem üblichen Kram. Eine Beleidigung wurde wegen erlittener Verletzungen und Traumatisierung der "Täterin" mit einer Ermahnung eingestellt, ein Widerstand kostete 400€. Verletzungen und die illegale Einkesselung der Antifas wurden als nicht verfahrensrelevant nicht geprüft.
Und in Berlin ist mal wieder jemand wegen Autozündeleien verhaftet worden. Diesmal ein angeblich völlig unpolitischer, gefrusteter Arbeitsloser, der dann gleich 60 Fälle zugegeben hat. Insgesamt haben heuer in Berlin aber schon 550 Autos gebrannt. Laut einer Hitparade der Bildzeitung liegen übrigens Daimler Benz und BMW bei den angezündeten Karren mit weitem Abstand vorne.

Prozessgruppe

Leben wagen

Für die Wagenburg Dale Farm in Ostengland waren letzte Woche die letzten Rechtsmittel ausgeschöpft, daraufhin begann am 19.10. die Räumung des Geländes (einen Monat später als geplant). Weil sich einige BewohnerInnen und UnterstützerInnen angekettet, einbetoniert oder auf Tripods verschanzt hatten, dauerte das eine Weile, obwohl die Cops von Äxten bis zu Tasern (Elektroschock-Harpunen) fast das ganze Waffenarsenal einsetzten und eine ziemliche Gewaltbereitschaft an den Tag legten. Erst am Nachmittag des 20. waren sie so weit, dass sie schwere Räumfahrzeuge überhaupt auf das Gelände bringen konnten. Die VerteidigerInnen wollten daraufhin aufgeben, wurden aber vorerst von einem Gerichtsvollzieher demotiviert, der Platzverweise verteilte und natürlich entsprechend gedisst werden musste, so dass sie das Gelände, auf dem die Überreste ihrer Behausungen brannten, erst am Abend verließen.
Fortsetzung folgt, 50 obdachlose Familien müssen ja jetzt irgendwo hin. Die Schaffung dieses Problems ließ sich der Staat übrigens mindestens 18 Millionen Pfund kosten.
Lange angekündigt, jetzt ist er fällig: Der Hamburger Wagenplatz Zomia hat seinen Räumungsbefehl für den 3.11. erhalten. Dahinter steht wieder mal Markus Schreiber, der SPD-Law-And-Order-Bezirkschef von Mitte. Es gibt Demos und Gegenaktionen, auch im Zusammenhang mit der ebenfalls bedrohten Roten Flora, vor der am 15.10. ein Konzert unter dem Motto "Miete nervt" stattfand. Am folgenden Montag stieg in der Altonaer Geschäftsstelle der städtischen Wohnungsgesellschaft SAGA/GWG eine fette-Mieten-Party mit 30 ungeladenen Gästen und viel Konfetti, eine Woche später gab es eine Scheinbesetzung im ehemaligen Finanzamt.
In Frankfurt wurde aus Studierendenprotesten heraus am 20.10. ein Haus besetzt, allerdings noch am Abend (trotz gegenteiliger, sogar öffentlicher, Zusagen) geräumt; tags darauf protestierte eine Sponti gegen Wohnungsnot bzw. -mieten, Räumung und Polizeigewalt.

AK Bauen & Besetzen

Kriegstreiber

Also aus Afghanistan ziehen wir jetzt bis 2014 ab, bzw. dann sind da bloß noch mindestens 50.000 Nato-SoldatInnen, also praktisch gar niemand mehr. Der Krieg kostet im Monat 10 Milliarden Dollar und insgesamt schon 100.000 Tote, aber wenigstens haben die da jetzt eine Verfassung, in der genau der gleiche neoliberale Schwurbel vom freien Markt und Investitionsschutz drinsteht wie in der EU-Verfassung, die keine sein darf. Afghanistan gibt auf Anweisung des Westens das Fünffache seiner Staatseinnahmen für Waffen und Militär aus. Zum Glück gehören die nicht zur Eurozone.
Das Amtsgericht Cochem musste sich mit zwei Leuten befassen, die am 7.8.2009 im Luftwaffenstützpunkt Büchel/Eifel angeblich den Hausfrieden der dort illegal lagernden 20 Atombomben gestört haben, indem sie ein Transpi am Zaun befestigten. Das Verfahren wurde gegen 60 Sozialstunden eingestellt, mit der Legalität der Atombomben und ihres möglichen Einsatzes durch Bundeswehr-Tornados befasste sich das Gericht leider nicht.
In Kurdistan eskaliert die Lage mal wieder militärisch, und entsprechend geht's hier ab. Eine Guerilla namens HPG hat am 19.10. Militärstellungen angegriffen, das türkische Militär marschiert wieder im Nordirak ein, in der Türkei gibt es Proteste, viele kurdische AktivistInnen werden verhaftet. Auch in Deutschland gibt es Demonstrationen, in Berlin demonstrierten Hunderte KurdInnen und SympathisantInnen gegen den türkischen Einmarsch im Nordirak (wobei der Versammlungsleiter von der Polizei verprügelt wurde) und in Mannheim 200 "graue Wölfe" zusammen mit 20 Faschos aus dem NPD-Umfeld gegen die PKK.

Netzwerk Vaterlandsloser Gesellen

Kalinka, zum Dritten

So, hätten wir das endlich: Der Lindauer Ex-Frauenarzt und mutmaßliche Serienvergewaltiger Dieter Krombach ist für den mutmaßlichen Sexualmord an seiner Stieftochter Kalinka 1982 im dritten Anlauf zu 15 Jahren verknackt worden.
Nachdem sich die Kemptener Staatsanwaltschaft für den Fall nicht besonders interessierte und sogar Beweismittel verschlampte (darunter die herausoperierten Geschlechtsteile des Opfers), fand ein erster Prozess Ende 90er in Frankreich statt, wo Kalinka gelebt hatte. Schon damals bekam er 15 Jahre, allerdings in Abwesenheit und nur aufgrund des Plädoyers von Anklage und Staatsanwaltschaft; nach französischem Recht durfte ihn auch sein Anwalt nicht vertreten, da er sich dem Verfahren entzog, er hatte jedoch Anspruch auf ein neues Verfahren, sollte er denn jemals der französischen Justiz in die Hände fallen. Dieses Procedere hielt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte für rechtswidrig, weil unfair, so dass Krombach zunächst sogar eine Entschädigung bekam; das französische Recht musste angepasst werden (was ja eigentlich auch nicht schlecht ist).
Deutschland wollte ihn nicht ausliefern, und auch Österreich ließ ihn nach einer kurzzeitigen Verhaftung wieder laufen. In Deutschland missbrauchte er in der Zwischenzeit munter weiter seine Patientinnen, was ihm lediglich eine Bewährungsstrafe für einen einzigen Fall einbrachte; immerhin fuhr er danach wegen Betrugs ein, weil ihm auch die Approbation (Arbeitserlaubnis) entzogen wurde, er aber trotzdem in einer Praxis eine Vertretung übernahm.
Schließlich löste sich das Problem, indem ihm ein paar Leute eins auf den Kopf gaben, ihn in den Kofferraum steckten und gefesselt vor einem Gerichtsgebäude im Elsass ablegten. So kam es im Frühjahr in Paris zu einem zweiten Prozess, der jedoch wegen Gesundheitsproblemen des Angeklagten länger als erlaubt unterbrochen wurde, so dass er jetzt im Oktober nochmals komplett aufgerollt werden musste. Das Gericht befand am 22.10., Krombach habe Kalinka mit einer Spritze betäuben wollen und dadurch unbeabsichtigt getötet. Berufung ist angekündigt.

AK sexuelle Selbstbestimmung

Meldungen

Piraten überall! Jetzt klagen sie schon gegen die bayrische Staatsregierung, bloß weil die ein bisschen neugierig war. Lustiger Zufall, dass gerade da zwei Piraten-Funktionäre als Ex-Faschos geoutet werden und im Netz noch viel wilderes Zeug über Zusammenarbeit mit Pädophilen verbreitet wird.
In Lindau gibt's auch ein paar Piraten, und die haben zur OB-Wahl nächsten Februar auch einen Käptn aufgestellt. Inhaltlich kommen sie als politisch ahnungslosere Variante der Bunten Liste rüber, wobei sie sowohl deren Altersdurchschnitt (mit geschätzten 40:55) als auch deren Frauenquote noch unterbieten. Die etablierten Bunten schockten sie nach anfänglichen Freundlichkeiten wegen gemeinsamer basisdemokratischer Werte gleich mal mit einer Positionierung für die Verlegung des Hauptbahnhofs von der Insel aufs Festland. Aber wenigstens haben sie eine Facebookseite.

In Cottbus beteiligten sich am 20.10. 500 Leute an einer Nachttanzdemo gegen Rassismus, am 22. protestierten in Erfurt und Bielefeld jeweils rund 400 Flüchtlinge und UnterstützerInnen gegen Zwangsunterbringung in Lagern, Residenzpflicht und andere Schikanen.
Am Evros wurden am 12.10. wieder zwei tote Flüchtlinge angeschwemmt, der eine wurde als 18-jähriger Pakistani identifiziert. Sie hatten offenbar illegal von der Türkei nach Griechenland einreisen wollen.
In Recklinghausen wurde am 25.10. Mete Tuncer, politischer Flüchtling im Asylverfahren, wegen eines türkischen Haftbefehls in Auslieferungshaft genommen. Er saß in der Türkei schon 11 Jahre, und sie hätten ihn gern lebenslänglich; er leidet nachweislich unter den Folgen von Folter.
Die USA schieben pro Jahr eine Million Leute ab.
Aus Ostafrika gibt's weiter schlechte Nachrichten über Flüchtlinge aus Eritrea, die aus allen umliegenden Ländern in ihre Heimat abgeschoben werden. Bei einer Abschiebung aus Sudan gab es einen Busunfall mit 25 Toten, viele andere wurden schwer verletzt und sind jetzt in einem Militärgefängnis. In Dschibuti sind alle 300 EritreerInnen inhaftiert, weil die Regierung fürchtet, sie könnten spionieren. Und Ägypten hat letzte Woche 83 Leute nach Eritrea abgeschoben und hält weitere 39 in Abschiebehaft. Laut Amnesty International haben sie gar keine Möglichkeit bekommen, einen Flüchtlingsstatus zu beantragen.
In Athen wurde eine Schule von Betroffenen mit Farbe und Steinen angegriffen, aus einer anarchistischen Systemkritik heraus, die auch schriftlich an dem Gebäude zum Ausdruck gebracht wurde.
Die FAU Berlin hat eine Kampagne für die Rechte prekär Beschäftigter in kleinen Läden gestartet. Anlass war ein Minijobber, der seine 60-Stunden-Woche irgendwann mal ausbezahlt bekommen wollte und daraufhin flog. Am 18.10. gab es dazu eine Kundgebung mit 60 Leuten, die juristische Auseinandersetzung läuft.
Die Animal Liberation Front (ALF) hat in Örebro (Schweden) zugeschlagen: Im Lauf des Oktobers wurden eine Metzgerei und eine Pizzeria entglast und eine Wurstbude gesprengt, außerdem gab es eine mehrstündige, großflächige Graffitiaktion in der ganzen Stadt.
Im indischen Bundesstaat Tamil Nadu gibt es massive Proteste gegen den Bau des AKW Kudankulam. Gegen Indien hatte es von 1974 bis 2008 wegen der Entwicklung der Atombombe ein Nuklearembargo gegeben; nach dessen Ende standen schon die Atomkonzerne Schlange, die dringend mal wieder was bauen müssen, um überhaupt im Geschäft zu bleiben, so auch die russische Rosatom, die dort zwei Reaktorblöcke (mit leicht veralteter Technik und massiven Exportsubventionen des russischen Staates) hingestellt hat, die jetzt fast fertig sind. An den Protesten beteiligten sich bis zu 10.000 Leute, die Baustellenzufahrten werden seit Wochen blockiert, und auch die Regierung von Tamil Nadu appelliert an die indische Bundesregierung, das Projekt zu stoppen, das im Normalbetrieb die lokale Fischerei im Pazifik mit radioaktiven Abwässern beglücken wird und im Ernstfall in einer Tsunami-Zone liegt.
Der Gaddhafi ist endlich tot und vergraben... und jetzt werden wir ja sehen, ob es stimmt, dass die Franzosen ihn bloß fallenließen, weil er ihnen kein Atomkraftwerk abkaufen wollte.
Und nur dass Ihr's nicht vergesst... Nach dem Putsch gegen Präsident Zelaya herrscht in Honduras immer noch brutale Unterdrückung. Am 11.10. wurde im Aguan-Tal der 33-jährige Landarbeiter Santos Seferino Zelaya Ruiz bei der Arbeit auf einem Grundstück erschossen, das an das Land des Großgrundbesitzers Miguel Facussé grenzt, der gerne ein bisschen mehr Platz für seine Palmölplantagen hätte, damit er uns billigen Biodiesel liefern kann. Tut er doch alles bloß für unsere Umwelt.
Die Campesin@s hätten eigentlich Besitztitel für das Land bekommen sollen, was jedoch durch den Putsch verhindert wurde, so dass die rechtliche Situation unklar ist und ihr Land lediglich als besetzt gilt. Seit Januar 2010 wurden in diesem Tal ca. 40 Leute aus der LandarbeiterInnenbewegung ermordet und viele weitere verschleppt und gefoltert.
Auch die Bildungsproteste im Land werden brutal niedergeschlagen, die 59-jährige Lehrerin Ilse Ivania Velásquez Rodríguez wurde von einer Tränengasgranate aus nächster Nähe am Kopf getroffen und starb. Inzwischen gibt es eine Basisbewegung für eine neue Verfassung, die sich in regionalen Volksversammlungen organisiert; aber das dauert wohl noch ein bisschen, bis das durchkommt.

USA lernen Arabisch

Die Proteste in den USA haben sich seit dem 17. September massiv ausgeweitet. Eigentlich war ja der Plan von "Occupy Wall Street", die New Yorker Börse zu blockieren, gescheitert und die paar Dutzend DemonstrantInnen konnten nur einen kleinen Park in der Nähe besetzen ("Liberty Park", bzw. so hieß er früher, bevor er privatisiert und in "Zuccotti Park" umbenannt wurde). Aber inzwischen gibt's im ganzen Land an die 100 ähnliche Aktionen, von Occupy Richmond bis Occupy LA. Daran ändert bisher auch die teilweise heftige Repression nichts.
Die Besetzung wurde kurz nach Beginn mit Knüppeln und Pfefferspray angegriffen, 80 Verhaftungen; am 1. Oktober gab es eine Demo von der Wall Street durch Brooklyn, dabei wurden 700 Leute (etwa ein Zehntel der ganzen Demo) festgenommen, weil sie auf der Fahrbahn statt auf dem Gehsteig liefen (offiziell war die Rede davon, sie hätten versucht, eine Brücke zu blockieren). Schon vier Tage später demonstrierten über 10.000 Leute für die BesetzerInnen, 28 Festnahmen.
Occupy Boston mit 1000 Leuten, die in einem Park übernachteten, räumte die Polizei in der Nacht auf den 11.10. mit teils brutalem Knüppeleinsatz, nicht ohne vorher noch Flyer zu verteilen, dass das Boston Police Department das Recht auf friedlichen Protest respektiere; über 100 Festnahmen. Offizielle Begründung war, dass der Park um 23 Uhr geschlossen wird. Wiederbesetzung ist in der Mache. Bei Redaktionsschluss hatte dann auch die Wall-Street-Gruppe einen Räumungstermin: Der Zuccotti/Ex-Liberty-Park müsse gereinigt werden, deswegen sollten die Leute am 14.10. mal kurz Platz machen; nachher dürften sie gern zurückkommen, allerdings ohne Zelte und Luftmatratzen. Der Park wurde in Eigenregie entmüllt und Widerstand gegen eine eventuelle Räumung angekündigt. Bleibt dran, bleibt solidarisch!
Das große Vorbild der Occupy-Bewegung ist natürlich der arabische Frühling. Ähnlich wie bei den Aufständen in der arabischen Welt war es entscheidend, dass die Proteste über das Internet bekannt gemacht werden konnten und so die Massenmedien, die sie zuerst wochenlang ignoriert haben und inzwischen zu einer Propagandaoffensive übergegangen sind.
Die Hauptforderung lautet "Real Democracy Now", also "echte Demokratie jetzt", weil die Leute festgestellt haben, dass von Krieg bis Krise sehr vieles passiert, was sie nie gewählt haben. So müsste die wichtigste Aufgabe der Krisenbewältigung nicht unbedingt darin bestehen, das reichste Prozent der US-BürgerInnen vor dem Finanzamt zu beschützen, und es könnte auch durchaus was für Bildung und Umwelt statt für Rüstung und Krieg getan werden. Nicht mal das böse Wort "Sozialismus" ist tabu. Die Bewegung ist "tendenziell links", es sind viele Gewerkschaften mit dabei, ebenso wie Nachbarschafts- und MieterInnenvereine, aber auch zahlreiche Leute, die bisher mit Politaktivismus nie was am Hut hatten und die bloß geschnallt haben, dass das, was ihnen der Fernseher tagtäglich ins Hirn scheißt, irgendwie nicht mehr hinhaut. Die Funktion der Platzbesetzungen besteht deshalb hauptsächlich darin, dass die Leute miteinander ins Gespräch kommen, ihre Situation analysieren, um überhaupt erst mal zu verstehen, was eigentlich ab- und schiefgeht. Daraus entwickeln sie dann ihre Forderungen an die Politik.
Zurück in die alte Welt. Auch in Weißrussland kam es zu Volksversammlungen als Form politischen und sozialen Protests, was allerdings nicht direkt mit der M15- oder Occupy-Bewegung zu tun hat, sondern damit, dass Demos und Kundgebungen fast nie genehmigt und illegale meistens schnell zerschlagen werden. Darum gruben ein paar schlaue Köpfe das Recht auf Bürgerversammlungen aus. Diese müssen einberufen werden, wenn 10% der Bevölkerung eines Gebiets das schriftlich fordert; am 8.10. haben das Oppositionelle in 22 Städten getan.
In Minsk beteiligten sich 500 Leute; neben dem Pisswetter taten die Cops alles Mögliche, um die Aktion zu behindern. Schon am Morgen wurden ca. zehn AnarchistInnen festgenommen (das waren nicht alle, die sie gesucht hatten, hehe) und erst nach Ende der Versammlung laufengelassen. Ein beteiligter Polizist roch nach Alkohol, was offiziell dementiert wurde; er sei erkältet und hätte deshalb viel Knoblauch gegessen. Bei der Versammlung wurde dann das Soundsystem beschlagnahmt, so dass alle Redebeiträge über Megafon gehalten werden mussten und im Regen ziemlich untergingen. Außerdem wurden bei der Versammlung nochmal 13 Leute festgenommen, davon vielleicht neun AnarchistInnen, jedoch nach ED-Behandlung freigelassen. Immerhin wurde eine Liste mit Forderungen aufgestellt (von der Freilassung aller politischen Gefangenen über Inflationsausgleich bei den Löhnen bis zu Neuwahlen), und die Regierung hat jetzt einen Monat Zeit, sie zu beantworten. Anschließend gibt's wieder eine Versammlung.
In der EU wird gerade ein Land nach dem anderen unter ein rigoroses Spar- und Privatisierungsdiktat gezwungen, und das Alles, damit sie am Schluss zusammenschmeißen und mit dem Geld die Banken retten können. Die Deutschen glauben, dass sie damit irgendwelche arbeitsscheuen Griechen durchfüttern müssen, und die Griechen glauben, dass sie nur ihren deutschen Kolonialherren zuliebe für immer weniger Geld immer mehr knechten müssen, wo sie doch jetzt schon (sogar nach der offiziellen EU-Statistik) mehr arbeiten als alle anderen EuropäerInnen.
Und "die Statistik" behauptet, dass Griechenland jetzt auf einem guten Weg sei, auch wenn die Verschuldung jetzt dummerweise doch schon wieder viel höher ist als angesetzt. Die Logik sagt, dass das mit den griechischen Staatsschulden auf die Tour gar nicht funktionieren kann, denn weil der Staat den Leuten ihre Löhne und Renten zusammenstreicht, haben sie kein Geld mehr, und selbst die, die noch ein bisschen was haben, haben Angst davor, morgen keins mehr zu haben, drum gibt niemand mehr was aus und drum stürzen auch die Staatseinnahmen im Gleichschritt mit der Konjunktur immer weiter ab. Der Zweck dieser offensichtlichen Lüge ist, das "System Griechenland" noch möglichst lange am Laufen zu halten, um noch möglichst viel Geld der Bevölkerung in ganz Europa über Sparpakete und Rettungsschirme in die Kassen derjenigen zu schaufeln, die eh schon an der Krise verdienen und unterdessen munter weiter mit den Staatsschulden spekulieren.
Das ganze ist ein riesiges Pyramidenspiel geworden, das darauf beruht, dass immer noch mehr Leute einsteigen und noch mehr Geld reinstecken. Nur haben die ZockerInnen bei den meisten Pyramidenspielen das Risiko, dass nach ihnen niemand mehr kommt und sie dann die letzten sind, die die Zeche zahlen und nichts mehr rausbekommen. Bei der EU-Pyramide ist dagegen jetzt schon festgelegt, dass als Allerletztes die Allgemeinheit einsteigt, damit auch nur ja die ganzen ZockerInnen ihre Schäfchen ins Trockene bringen. Denn wenn die Gewinne der ZockerInnen nicht garantiert werden, dann zockt ja gar niemand mehr mit und dann... ja was eigentlich dann?!?
Nun gibt es ExpertInnen, die erklären, ökonomisch vernünftig wäre es, Griechenland so schnell wie möglich für pleite zu erklären, weil sich diese Blase bloß weiter aufbläht und nur immer noch mehr Geld in diesem Loch verschwindet. Die haben nur das System nicht kapiert. Denn die Frage ist: Für wen ist das "ökonomisch vernünftig"? Nicht für die, die daran verdienen, aber die machen die Regeln, und auf die hören die PolitikerInnen. Zu sehen gerade in der Slowakei, wo eine Regierungschefin, die mit dem Wahlversprechen angetreten war, keiner Ausweitung des Euro-Rettungsschirms mehr zuzustimmen, gerade ihren Posten dafür geopfert hat, genau diese Ausweitung durchzubekommen.
Nächstes Wochenende steht mit dem Aktionstag am Samstag, 15. Oktober, vielleicht eine ganz neue Stufe des Konflikts an. Auf der ganzen Welt sind Platzbesetzungen geplant, bei uns in der Gegend z. B. in Konstanz und Ravensburg. Klimatisch für die Nordhalbkugel natürlich nicht so der Burner, da war der Start in Spanien am 15. März schon günstiger, aber was muss, das muss. Für Deutschland ist die Prognose natürlich brav wie immer. Viele Aktionen sind von attac organisiert. Deren AktivistInnen beschränken sich gewöhnlich auf intensiv theatralisches Buh-Schreien fürs Pressefoto und gehen dann heim, zufrieden, dass sie ihrer Führung damit Material und Aufmerksamkeit für deren anschließende Medienkonferenz gesichert haben.
Andererseits ist, vielleicht unabhängig davon, ausgerechnet in Deutschland, konkreter in der Berliner Region, gerade eine Gruppe aktiv geworden, die von der Occupy-Linie des "gewaltfreien, möglichst legalen" Widerstands abweicht, der der Repression "keinen Vorwand liefern" soll. Sie hat zwei, drei Signal- und Stellwerksanlagen der Bahn und S-Bahn durch Feuer beschädigt und noch ein gutes Dutzend weitere Brandsätze gelegt, die angeblich nicht losgegangen sind, weil sie nicht wetterfest waren. Hat immerhin ausgereicht, den Bahnbetrieb erheblich zu stören und so, wie es das Bekennerschreiben nennt, die Metropole ein bisschen zu entschleunigen. Und natürlich den üblichen HetzerInnen als Anlass zu dienen, vor der Gefahr des menschenverachtenden Linksterrorismus und einer neuen RAF zu warnen. (Noch nicht erreicht wurde das im Bekennerschreiben ebenfalls geforderte Ende des Afghanistan-Einsatzes.)
Erstaunlich allerdings, dass diesmal die SPD nicht auf den Terrorwarnungszug aufspringt und die taz das Ding sogar ernsthaft zu analysieren versucht – wobei sie entdeckt, dass die Idee 1:1 in das Konzept des "kommenden Aufstands" passt, das vor ein paar Jahren von einem "unsichtbaren Komitee" in Frankreich veröffentlicht und bis ins FAZ-Feuilleton hinein ziemlich abgefeiert wurde, auch wenn es angesichts der realen Aufstände der letzten zehn Monate ziemlich überholt erscheint, die auf öffentlicher Präsenz und Massenaktionen basieren, während die "Unsichtbaren" die Maschine mit klandestinen Sabotageakten zu Fall bringen wollten.
Schlussfolgerungen ziehen und Euren eigenen Weg zur Weltverbesserung finden müsst Ihr jetzt allerdings selber, sowohl was das Ziel als auch die Mittel zu dessen Erreichung betrifft. Am Montag sehen wir dann, was Ihr zusammengebracht habt. Salam aleikum!

Revolutionsqualitätskontrolle

Meldungen

Mal wieder ein Angriff auf die Gema: Der Musikpiraten e. V. möchte deren Behauptung widerlegen, die Mehrheit der UrheberInnen wäre bei ihr organisiert (woraus sie umfangreiche Kontrollrechte und Lizenzzahlungen ableitet). Dazu sollten sich bei ihnen jetzt möglichst viele Leute melden, die gemafreie Musik produzieren.
Zum Tag der deutschen Einheit feierte sich die Nation in Bonn, ca. 650 Leute demonstrierten in zwei getrennten Blöcken (mit und ohne Israelfahnen) bisher erfolglos dagegen. Die Demo löste sich nahe der offiziellen Schlandfeier auf und beteiligte sich anschließend in Kleingruppen mit gezielten Propagandaakten an selbiger. Und in Erfurt gab's schon am Vorabend eine Tanzdemo mit Feuerwerk gegen Deutschland und für ein neues besetztes Haus.
Gegen den Nato-Krieg in Afghanistan demonstrierten am 8.10. einige Hundert Leute in Berlin; anschließend gab es noch weitere Protestaktionen, der Bendlerblock wurde beschriftet. Und auch die Bahn-Sabotageaktionen am 10.10. richteten sich unter anderem gegen den Krieg.
Am 12.10., dem Jahrestag von Kolumbus' Landung in Amerika, fand wieder der Tag des indigenen Widerstands statt. In der Schweiz wurde deswegen zu Protesten gegen die Bergbaukonzerne Glencore und Xstrata aufgerufen, die für riesige Umweltzerstörungen, Vertreibungen und Menschenrechtsverletzungen in Südamerika und Afrika verantwortlich sind. Das alles gefördert von der Schweiz – die beiden Firmen haben ihren Sitz im Steuerparadies Zug.
Wegen verschärfter Tierschutzauflagen schließt die Nerzfarm in Orsbach bei Aachen, mit 34.000 Tieren vermutlich die größte Pelztierfarm Deutschlands. Der Umbau rentiert sich offenbar nicht, Proteste und (teils teure) Sabotageakte dürften das Investitionsklima ausreichend verschlechtert haben.
In der Ukraine wurde die ehemalige Regierungschefin Timoschenko wegen "Veruntreuung von Staatseigentum" zu sieben Jahren Haft verknackt. Natürlich nicht für das, was sie wirklich auf die Seite geschafft hat, da würde sich die aktuelle Regierung ja einen Präzedenzfall für die Bewertung ihrer eigenen Tätigkeit einhandeln. Sondern dafür, dass sie mit Russland einen eher ungünstigen Vertrag über Gaslieferungen abgeschlossen hat; übrigens auf Druck der EU, die damals mitten im Winter feststellen musste, dass Russland das Gas abgestellt hatte. Die ukrainische Politik ist gespalten in Russland- und EU-Fans, und weil Timoschenko zu letzteren gehörte, bekam sie von Putins Gasprom nicht gerade einen Freundschaftspreis. Witzigerweise wird das Timoschenko-Urteil jetzt nicht nur von der EU als menschenrechtswidrig gebrandmarkt, sondern auch von Russland – denn damit wackelt der Gasprom-Vertrag, und den würde Putin gerne behalten; offensichtlich ist ihm das Geld wichtiger als seine politischen Freundschaften.

Stadtentwicklung

Kressbronn kriegt jetzt auch sein Stuttgart 21: Nachdem die Bodan-Werft pleite ist, haben CDU-Bürgermeister Weiß und Werftbesitzer Dittmann mit einem Investor ausgekartelt, dass das Gelände am See mit 180 Wohnungen "gehobenen Stils" zubetoniert wird; im Gemeinderat ging das ganze mit einer Gegenstimme durch. Die Öffentlichkeit ist über das Ergebnis nicht begeistert und hat den Widerstand mit 1700 Unterschriften begonnen.
In Berlin ist die Gentrifizierung ("Stadtaufwertung") in vollem Gange, in Hamburg hapert's da noch ein bisschen. Seit 1.10. ist im öffentlichen Nahverkehr der Alkoholkonsum verboten, was dazu führte, dass sich sämtliche U- und S-Bahnen am 30.9. in eine Partymeile verwandelten. Und der von Bezirksamtsleiter Schreiber angeordnete 18.000€ teure Zaun, der Obdachlose daran hindern sollte, unter der Kersten-Miles-Brücke zu schlafen, wurde nach Protesten (und ersten Beschädigungen) bereits nach wenigen Tagen wieder demontiert. Dafür soll jetzt der Bahnhofsvorplatz der DB übergeben und somit zu Privatgelände erklärt werden, um dort den Sicherheitswachteln mehr Befugnisse geben zu können.
Am 1.10. gab's in Solidarität mit der Roten Flora eine Partybesetzung in der Schilleroper in St. Pauli, die einen Nachmittag dauerte. Parallel dazu demonstrierten 600 Leute gegen die Vertreibungs- und Wohnungspolitik und gegen Bezirksamtsleiter Schreiber, der tags darauf noch persönlich Hausbesuch von 30 Leuten bekam und symbolisch vom Thron gestoßen wurde. Und eine Woche später gab es an der Sternschanze eine Soli-Kundgebung für das geräumte Kukutza in Bilbao (120 Leute).
Die Wagenburg an der Oder in Breslau (Polen) befindet sich weiterhin auf ihrem alten Gelände, auch wenn mittlerweile fast alle Gebäude des ehemaligen Campingplatzes Sleza abgerissen sind. Es hatte sich herausgestellt, dass die Baufirma nur eine Abrissgenehmigung hat, aber keine Baugenehmigung, so dass die Arbeiten seit Monaten unterbrochen sind.
Und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat entschieden, dass die Zwangsauflösung des Genfer HausbesetzerInnenvereins Rhino vor drei Jahren die Vereinigungsfreiheit verletzt hat. Die HausbesetzerInnen bekommen 90.000€ Schadensersatz.

AK Bauen & Besetzen

voll verstrahlt

Angeblich gar nix mit Fukushima zu tun haben in Tokio gemessene Strahlungswerte, die eine Belastung von 17,6 Millisievert pro Jahr bedeuten würden – laut japanischen Gesetzen müsste bei 20 Millisievert pro Jahr die Stadt evakuiert werden.
In Gundremmingen sind schon wieder defekte Brennelemente entdeckt worden. Die Hüllen der plutoniumhaltigen MOX-Elemente sind undicht, so dass die bei der Kernspaltung entstehenden radioaktiven Gase austreten und letztlich in die Umwelt gelangen können. Es wird vermutet, dass die Siedewasser-Technologie die Schäden verursacht (in Gundremmingen stehen die letzten Siedewasserreaktoren von Deutschland, die anderen noch laufenden AKWs sind Druckwasserreaktoren). Wieso es ausgerechnet die MOX-Elemente trifft, ist unklar; das "Forum gegen das Zwischenlager" vermutet Pfusch bei der Herstellung und fordert, deren Einsatz bis zur Klärung der Vorfälle zu stoppen.
Seit dem 13. läuft in Morsleben die Erörterung für die Schließung des gescheiterten Atomklos – wohlgemerkt, die wollen das Ding zubetonieren, ohne den Müll vorher rauszuholen, und wenn da drin irgendwas undicht wird, kommt nie wieder jemand dran, um das Loch zu stopfen. Und in Australien soll die Tagebau-Uranmine Olympic Dam auf das Fünffache ihrer bisherigen Fläche erweitert werden. Der Lokalpolitik wird das kilometergroße Riesenloch mit den Giftmülldeponien rundherum als künftige Touri-Attraktion verkauft.
Die Urananreicherungsanlage Grohnde wurde am 2.10. mehreren Hundert Leuten blockiert. Auch gegen einen Castortransport aus den Niederlanden nach Frankreich am 11.10. gab es Proteste. Am 8.10. gab's in Bremen eine Fahrraddemo gegen Atomkraft, bei der die Atommafia sozusagen abgeradelt wurde. Zeitweise bis zu 40 Leute besuchten Bahn, Banken und Energiekonzerne. Und eine Aktivistin, die sich im November 2008 vor dem Castortransport im Gleisbett festgekettet hatte, geht in Frankfurt für 80 Tage in den Bau, weil sie sich weigert, eine Geldstrafe zu zahlen.

Atom-Combo

Gut drauf aufpassen!

Der Chaos Computer Club ist mal wieder auf die Jagd gegangen und hat ein besonders hässliches Viech geschossen: Auf einigen Festplatten wurde ein Staatstrojaner entdeckt! Nachdem es bisher immer hieß, das Teil werde ja gar nicht eingesetzt und wenn, dann nur zu ganz genau definierten, gerichtlich genehmigten Zwecken, konnte der CCC zeigen, dass das Teil noch alles Mögliche kann, was das Bundesverfassungsgericht eigentlich verboten hatte; letztlich kann dadurch, dass der Trojaner zusätzliche Programme nachladen kann, mit infizierten Kisten alles passieren, was technisch irgendwie möglich ist, einschließlich der Wohnraumüberwachung durch die Webcams und Mikros der PCs.
Die örtlichen Staatsanwaltschaften haben sich alle Einsätze angeblich von den örtlichen Gerichten absegnen lassen, und verbotene Sachen wurden mit dem Teil natürlich selbstverständlich gar nie nicht gemacht. Betroffen waren u. a. Bodybuilder, die mit Substanzen handelten, die in Deutschland nicht mal verboten waren, aber vielleicht ja irgendwo im Ausland verboten sein könnten. Die Hemmschwelle scheint ja wirklich nur besonders schwerwiegende Fälle von Kriminalität zu erfassen. Installiert wurden die meisten Trojaner übrigens von Hand im Rahmen von Hausdurchsuchungen; per Mail, wie ursprünglich geplant, ist es ein bisschen schwieriger, das Ding wird von einigen Virenscannern entdeckt.
In Freiburg wurde anlässlich des Papstbesuchs der Wagenplatz der Schattenparker von 150 Cops gestürmt, sechs Stunden lang besetzt und dabei gründlich dokumentiert (schon ne tolle Gelegenheit, der Platz liegt halt in der Nähe des Flughafens und damit in der "Roten Zone").
In Dortmund läuft ein Prozess gegen einen Menschen, der eine rassistische Personenkontrolle der Bundespolizei kritisiert hatte. Um sich nicht mit dem eigentlichen Thema auseinandersetzen zu müssen, ob es was mit der Hautfarbe zu tun hat, wer bei "verdachtsunabhängigen" Kontrollen rein zufällig rausgezogen wird, behaupten die Cops übereinstimmend, der Angeklagte hätte sie als "Pappnasen" beschimpft. Das Gericht wollte die Sache eigentlich in 40 Minuten durchziehen, wegen juristischer Wehrhaftigkeit des Angeklagten und seiner 20 UnterstützerInnen im Saal gibt's mindestens noch einen Prozesstag.
In Deutschland wohnende Leute, die sich nicht korrekt volkszählen lassen haben, bekommen zur Zeit gerade die Zwangsgeldandrohungen geschickt.
Wegen zweier Brandanschläge im Juni (im Zusammenhang mit der Rodung des Walds von Chimki) wurden am 28. und 29. September in Moskau vier AnarchistInnen als angebliche "Terrorgruppe Negritjat 13" verhaftet. Da die Beweise für eine Anklage nicht ausreichend waren, mussten sie am 4.10. freigelassen werden, obwohl die Cops sie weiter als "verdächtig" ansehen und alle Tricks anwendeten, um die U-Haft zu verlängern – bei einem Verhafteten wurde das Verhaftungsprotokoll erst am nächsten Tag geschrieben, und alle wurden nach Ablauf der offiziell erlaubten 48 Stunden Haft gleich nochmal festgenommen, einfach formal unter anderen Vorwürfen, so dass eine der Verdächtigen insgesamt 103 Stunden saß.
Die Polizei interessierte sich auch sehr für die anarchistische Bewegung in Moskau insgesamt. So wurde am 7.10. eine (interne!) Sammlung für die zu erwartenden Prozesskosten gestartet. Bereits nach 15 Minuten griffen sich die Cops einen Sammler, verschleppten ihn auf eine Wache und misshandelten ihn die ganze Nacht lang, um Informationen über die anarchistische Infrastruktur, das Umfeld des Festgenommenen und die kürzlich wegen der Brandanschläge vom Juni Festgenommenen herauszubekommen.
Die in Weißrussland inhaftierten Anarchisten Ihar Alinewitsch, Mikalai Dziadok und Aljaxandr Franzkewitsch sind vom weißrussischen Helsinki-Komitee und der Menschenrechtsorganisation Viasna als politische Gefangene anerkannt worden. Die MenschenrechtlerInnen kritisierten Alinewitschs Entführung aus Moskau, die Folter von Angeklagten und ZeugInnen, den unfairen Prozess und die offensichtlich politisch motivierten irrsinnig hohen Haftstrafen.
Eine kleine Solidaritätsbewegung hat sich für die von Frankreich an Deutschland ausgelieferten RZ-Gefangenen Sonja und Christian gebildet. Sie fordert insbesondere, dass der schwer kranke 70-jährige Christian als haftunfähig entlassen wird. Es gab Knastdemos und Kundgebungen zu den Gerichtsterminen. Vorgeworfen wird ihnen die Beteiligung an Anschlägen auf Rüstungs- und Atomfirmen 1977 (die nach Ansicht französischer Gerichte übrigens verjährt sind).
In Kalifornien läuft der Hungerstreik in den Knästen wieder auf vollen Touren; es machen wieder 6000 Leute mit. Die Gefängnisbehörde versucht, ihn mit Drohungen und Isolation kleinzukriegen. Nach den leeren Versprechungen, mit denen der Hungerstreik im Juli nach 20 Tagen beendet wurde, wollen die Gefangenen diesmal bis zur Erfüllung ihrer Forderungen weitermachen.
Auch in Spanien gibt es Hungerstreiks, und zwar verweigern bisher 52 Leute zu Beginn jedes Monats für einige Tage die Nahrung aus Protest gegen Folter und andere unrechtmäßige Behandlung wie Zwangsmedikationen. Und in Chiapas/Mexiko protestieren politische Gefangene aus der zapatistischen Bewegung seit dem 29.9. mit einem Hungerstreik für ihre Freilassung. Seit dem 8.10. gibt es eine ständige Mahnwache ihrer Angehörigen im Vorraum der Kathedrale von San Cristóbal de Las Casas, am 21. ist internationaler Aktionstag.

Prozessgruppe

Flüchtlinge und Minderheiten

Weiterhin ist unklar, was in Ägypten mit Flüchtlingen passiert. Nach den Meldungen über die Vorfälle mit eritreischen Flüchtlingen auf dem Sinai vor einigen Monaten wurde jetzt bekannt, dass auf verschiedenen Polizeiwachen im ganzen Land jeweils Dutzende von ihnen festgehalten werden. Leute, die von dort freigekommen sind, fordern, dass das UNHCR Zugang zu den Inhaftierten bekommt. Sie hätten keine Möglichkeit, Asylanträge zu stellen, es seien auch Kinder unter ihnen und einige Leute seien bei der Verhaftung angeschossen worden, ohne dass sie medizinisch behandelt würden.
Im Nordosten Griechenlands sind wieder mehrere Flüchtlinge ums Leben gekommen; zwei wurden am 7.10. von einem Zug erfasst, als sie nachts über ein Bahngleis liefen, und am 11. starben zwei bei einem Verkehrsunfall während einer Verfolgungsjagd mit der Polizei.
In Paris hat am 6.10. der Berufungsprozess gegen TeilnehmerInnen des Flüchtlingsaufstands im Abschiebeknast von Vincennes begonnen. Im März 2010 waren 10 Leute schuldig gesprochen worden. Auslöser der Revolte war der Tod eines Inhaftierten, dem die Wachteln medizinische Hilfe verweigert hatten; der Knast war anschließend vollständig ausgebrannt.
In Den Haag demonstrierten am 27.9. 500 Leute gegen die Schließung einer Notschlafstelle für MigrantInnen ohne Papiere. Am 13.10. wurde die Frankfurter Paulskirche von 50 Leuten mehr als vier Stunden lang besetzt, um gegen die tödlichen Einsätze von Frontex auf dem Mittelmeer und für die Aufnahme von Flüchtlingen zu demonstrieren.
Die BewohnerInnen der Flüchtlingsunterkunft Jürgenstorf in Mecklenburg-Vorpommern fordern mit einem offenen Brief die Schließung des Lagers und eine angemessene Unterbringung an einem Ort, wo sie nicht komplett isoliert sind. Am 7.10. kamen die Behörden auf Besuch, wollten sich aber nicht alles anhören. 50 UnterstützerInnen demonstrierten vor der Einrichtung. Und Schweden will diese Woche 20 KurdInnen in den Iran abschieben, sie wehren sich mit einem Hungerstreik.
Den Freiburger Appell gegen die massenhaften Abschiebungen von Roma haben mittlerweile über 1700 Leute unterzeichnet. Am 7.10. gab es dazu eine Kundgebung. Bereits am 6.10. demonstrierten in Berlin zeitweise 300 Leute gegen die Pogrome in Bulgarien und Tschechien, am 8. dann 150 in München. Nach den in der letzten Zecke geschilderten Vorfällen hatte es in Varnsdorf und Rumburk wieder Anti-Roma-Demos mit 200 bzw. 50 TeilnehmerInnen gegeben, außerdem organisierten sie eine Protestaktion in Prag am 1.10.; es besteht also Hoffnung, dass sich zumindest dieser Brennpunkt beruhigt. Dafür demonstrierten am 8.10. in Usti nad Labem, das schon vor Jahren durch eine geplante Sperrmauer rund um das Romaviertel Schlagzeilen gemacht hatte, 500 Leute gegen Roma.
Und in Bulgarien geht die Hetze jetzt auf der politischen Ebene weiter. Eine Unterschriftenaktion einer rassistischen Partei "gegen Roma-Kriminalität" vor dem Parlament in Sofia wurde allerdings von einer gemeinsamen Aktion von Roma und BulgarInnen begleitet, die sie kurzerhand zur "ersten Roma-Pride des Landes" erklärten.
Die Wagenburg Dale Farm in Essex/England ist immer noch nicht geräumt. Das droht aber jederzeit, weil ein juristischer Einspruch abgewiesen wurde. Stadtrat und Räumkommando stehen schon in den Startlöchern. Die Geschichte wird ja umso teurer, je länger sie dauert; im Moment steht die Kalkulation schon bei 22 Millionen Pfund.
Die Gleichberechtigung von Homosexuellen ist manchen immer noch nicht so ganz recht. In Moskau verlief der "Marsch der Gleichheit" von 50 Leuten am 1.10. mit Verhaftungen, Störungen durch die Bullen und Schlägereien mit Nazis und sonstigen homophoben Elementen. Die Belgrade Pride, die am 2.10. stattfinden sollte, war zwei Tage zuvor gleich komplett verboten worden, weil sie den "nationalen Interessen" widerspreche und man sich sowas in Zeiten der Krise und des aktuellen Konflikts um das Kosov@ nicht leisten könne. Spontan trafen sich dann an diesem Tag 25 Leute spontan in einem Park zum Picknick, schwenkten eine Regenbogenfahne und hatten's lustig, ohne dass es zu Zwischenfällen kam (auch wenn die Cops mit und ohne Uniform rundherum schon ziemlich massiv unterwegs waren).
Und auch in Deutschland gibt's noch was zu tun: In Sachsen ist die Gleichstellung der Lebenspartnerschaft mit der Ehe noch nicht durchgesetzt; am 12.10. wurde dem Landtag dazu von der "Initiative 2=2" eine Petition mit 4400 Unterschriften überreicht, während vor dem Haus 150 Leute für Gleichstellung und Respekt demonstrierten.

Ganz Anders

Nazistress

Weltweit, aber vor allem in Russland, wurde in den letzten Tagen zweier Ermordeter gedacht – der Journalistin Anna Politkowskaja (7.10.2006) und des Antifaschisten Fedjaj Filatow (10.10.2008). Sogar in Provinzstädten kamen zu beiden Anlässen Dutzende zu Mahnwachen u. ä.
An den am 16.11.2009 ermordeten Antifa Iwan Chutorskoi, besser bekannt als Wanja Kostolom (könnte man übersetzen mit "Hansi Knochenbrecher"), den im April 2010 getöteten Richter Eduard Tschuwaschow sowie die Journalistin Nastja Baburowa und den Anwalt Stas Markelow, die am 19.1.2009 umgebracht wurden, erinnerten sich dieser Tage auch viele Menschen – der Neonazi Alexej Korschunow, der vermutlich in alle diese Morde verwickelt war, deswegen gesucht wurde und untergetaucht war, sprengte sich am 4.10. auf dem Sportplatz einer Schule in Saporoshje im Südosten der Ukraine mit einer Handgranate. Die trug er offenbar immer bei sich, um sie im Fall seiner Verhaftung zünden zu können; nun ging sie ihm bei seiner abendlichen Joggingrunde versehentlich los, ohne dass andere Menschen zu Schaden kamen. In seiner Wohnung wurden noch drei Pistolen und ein Haufen Munition gefunden.
Ende September hat es einen Brandanschlag auf das alternative Kulturzentrum CK13 in Novi Sad gegeben (konnte zum Glück gelöscht werden, ohne dass den im Haus schlafenden Leuten was passiert ist).
Gegen die Art, wie ein Überfall von Nazi-Hools 2007 dieser Tage juristisch unter den Teppich gekehrt wurde (mehrere Schwerverletzte reichten nicht mal für ne Vorstrafe), demonstrierten in Bremen am 28.9. an die 1000 Leute, und zwei Tage später 80 gegen aktuelle Übergriffe in Wuppertal.
Am 1.10. wollten sich dann in Riegel (Nähe Freiburg) Faschos zu einer Mobilisierungsparty für den Aufmarsch am 22.10. in Offenburg treffen. Ein Schleusungspunkt wurde von der Antifa entdeckt, beobachtet und angeblich auch angegriffen; dabei fuhr ein Nazikader einen 21-jährigen Antifa über den Haufen, der Betroffene landete mit einer Hirnblutung und weiteren Verletzungen auf der Intensivstation. Am 5. gab es deswegen in Offenburg eine Sponti (laut Polizei 175 TeilnehmerInnen, davon 60 gewaltbereit, 15 vermummt und 7 festgenommen; insgesamt dürften's wohl eher 200 Leute gewesen sein).
In Hamm gab es am 1.10. einen Aufmarsch von 287 Faschos, dagegen waren 600 Leute. Polizeiprovokationen konnten solidarisch abgewehrt werden, allerdings wurden die Nazis weiträumig abgeschirmt. Einzelnen Gruppen von GegendemonstrantInnen gelang es trotzdem, ihren Protest bis zu den Faschos zu tragen, und die AnwohnerInnen der Aufmarschroute zeigten den Faschos auch in großer Zahl ihre Abneigung.
Aus Leipzig wird gemeldet, dass sich NPD-Führungskader über den örtlichen Bundeswehr-Reservistenverband mit scharfen Waffen ausgerüstet haben – und noch dazu mit den nötigen Waffenscheinen! Mitglieder des Reservistenverbands können übrigens zu Schießübungen auch Gäste mitbringen. Nicht dass die Nazis dann unqualifiziert danebenballern.
In Heilbronn demonstrierten am 8.10. 120 Leute gegen die Kriminalisierung antifaschistischen Widerstands insbesondere in Baden-Württemberg und Dresden. Zwei Tage später wurde dann noch in Göppingen der Neonazi Daniel Reusch seinem Wohnumfeld mit einer Outing-Aktion vorgestellt.
Der NPD-Parteitag in Dessau ist kurz vor knapp aus dem Stadion verbannt worden, wo er am 15./16.10. stattfinden sollte, und auf November verschoben.

AK Antifa


Zu den älteren Meldungen (vom Sommer 2011) geht's hier.